SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner warnte am Donnerstag davor, dass die aktuellen Zahlen von knapp 3000 Neuinfektionen zu hoch seien. "Mit rund 3000 Covid-Fällen pro Tag sind die Zahlen zu hoch. Wenn die Infektionen in den nächsten zehn Tagen nicht unter 1000 sinken, braucht man über Lockerungen ab dem 18. Jänner erst gar nicht zu diskutieren. Das wäre der falsche Weg, der direkt in den vierten Lockdown führen würde", schrieb sie auf Twitter.
Rudolf Anschober meinte dagegen im APA-Interview, dass der angepeilte Termin für das Auslaufen der derzeit gültigen harten Maßnahmen am 24., beziehungsweise 18. Jänner aus derzeitiger Sicht halten würden. "Das ist das erklärte Ziel. Derzeit sieht es ganz danach aus", so Anschober. Zwar rechnet er fix mit Auswirkungen der Weihnachtsfeierlichkeiten auf die Neuinfektionszahlen. "Aber gleichzeitig haben wir die Lockdown-Regelungen seit dem 26. Dezember, und die wird sich stark auswirken. Das heißt: In Summe müsste es eine deutliche Reduktion des Ansteckungsgeschehens geben."
Das erklärte "Mindestziel" sei, die Sieben-Tages-Inzidenz auf unter 100 zu bringen (von derzeit rund 150). Den Reproduktionsfaktor will der Gesundheitsminister bei höchstens 0,8 sehen - "wenn es irgendwie geht noch ein bisschen darunter", wiederholte er seine Ziele. Und die mit Corona-Patienten belegten Intensiv-Betten will er von zuletzt deutlich über 400 in Richtung 200 drücken.
Mit den Mitte Jänner geplanten Gratis-Massentests soll dann "noch einmal die Infektionssituation reduziert werden". Bestimmte Berufsgruppen sollen zudem regelmäßig getestet werden. Es geht dabei um Lehrer, Elementarpädagogen, Friseure, andere körpernahe Dienstleistungen, den Gastronomiebereich und den Handel mit Kundenkontakt, sowie um Beschäftigte im Öffentlichen Verkehr mit unmittelbarem Fahrgastkontakt und Gesundheitsberufe mit "intensiverem Patientenkontakt".
Nach den Massentests gelte es, schrittweise weiter in Richtung Impfungen zu gehen. Alle Interessierten müssten sich keine Sorgen machen, sie würden rechtzeitig informiert, betonte Anschober. Personen mit besonderem Risiko haben den Vorzug. Nach dem Impf-Auftakt am 27. Dezember soll es im Jänner mit Phase 1 weitergehen, diese zielt auf Hochrisikogruppen ab (Bewohner und Mitarbeiter von Alten- und Pflegeheimen, Gesundheitspersonal mit hohem Expositionsrisiko sowie Personen mit definierten Vorerkrankungen). Die Betroffenen werden in den Einrichtungen bzw. Betriebsstätten direkt informiert.
In Phase 2 von Februar bis April (ältere Bevölkerung ab 65 Jahre, Personen in kritischer Infrastruktur) sind dann die betroffenen Institutionen und später die Hausärzte der Ansprechpartner, so der Minister. Und für die breite Bevölkerung, die ab dem 2. Quartal 2021, bis in den Sommer eine Impfung angeboten bekommen soll, wird es dann neben den Hausärzten auch direkt in den Gemeinden und Betrieben Angebote geben (etwa Impfstraßen).
"Impfung wird kein Umschalten eines Hebels sein"
Anschober warnte aber davor, mit dem Impf-Start die gewohnten Schutzmaßnahmen (Abstand, Handhygiene und Masken) über Bord zu werfen: "Die Impfung ist der Schlüssel zur Wende. Dieser muss aber jetzt von der Bevölkerung auch angenommen und umgesetzt werden. Gerade die nächsten Monate während des Ausrollens der Impfung werden nochmals eine sehr schwierige Phase, da werden wir alle nochmals besonders gefordert sein. Die Impfung wird kein Umschalten eines Hebels sein, sondern es wird ein schrittweiser Prozess der Verringerung des Risikos sein." Ziel sei, dass jeder, der sich impfen lassen will, bis in den Sommer hinein auch ein Impfangebot bekommt, wiederholte er. Abhängig sei der Plan von den Terminen der Zulassungen der Impfstoffe und der Lieferungen.
Zurückhaltend blieb der Minister auch bei der Frage, ob Weihnachten 2021 ein "normales" sein könnte: "Ich traue mir da überhaupt keine Prognose zu. Ich hoffe darauf, dass wir in der zweiten Hälfte 2021 ein schrittweise einfacheres Leben haben und die Pandemie uns nicht mehr dominiert, sondern wir die Pandemie auf eine ganz kleine Ebene begrenzt haben." Grundsätzlich zeigte sich Anschober davon überzeugt, "dass die Welt nach der Pandemie nicht mehr so sein wird wie vor der Pandemie". Er rechnet mit einer "Glokalisierung": Zwar brauche es weiterhin dringend die Weltoffenheit auf der einen Seite, mit offenen Grenzen, aber auf der anderen Seite erwartet er auch eine stärkerer Regionalisierung in der Wirtschaft und beim Einkaufsverhalten.
Diese Aussagen des Ministers ließen bei der FPÖ die Alarmglocken schrillen. "Am Ende des Jahres 2020 kündigt Minister Anschober bereits eine Verlängerung des Ausnahmezustandes für das gesamte Jahr 2021 an. Das bedeutet, dass die Regierung vorhat, unter dem Deckmantel des Coronavirus ihre Hinhaltetaktik fortzusetzen, weiterhin massiv in die Grund- und Freiheitsrechte der Österreicher einzugreifen, den Rechtsstaat weiter auszuhöhlen und die parlamentarisch-demokratische Kontrolle und Einbindung der Opposition weiter auszuhebeln. ÖVP und Grüne sind offensichtlich nicht bereit, von ihrem immer totalitäreren Kurs des Machtrausches auch nur einen Millimeter abzugehen, ganz im Gegenteil", sagte FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl.