"Wir haben die große Chance, Europa und der Welt zu zeigen, dass es auch anders geht, ohne Schließung der Wirtschaft und Millionen Arbeitslosen", zeigt sich der slowakische Ministerpräsident Igor Matovic von seiner Anti-Corona-Strategie überzeugt. Denn die Slowakei geht im Umgang mit der Pandemie einen Sonderweg: Die Regierung hat die Mehrheit der 5,5 Millionen Bewohner, die älter als zehn Jahre sind, einem Schnelltest unterzogen.
Eine erste Runde wies Anfang November 38.000 positive Fälle auf, die ansonsten möglicherweise unentdeckt geblieben wären. 3,6 Millionen Menschen – In- wie Ausländer – wurden getestet. Vergangenes Wochenende fand ein zweiter Durchgang statt, bei dem mehr als zwei Millionen Einwohner getestet wurden. Nur 0,66 Prozent der Tests waren positiv, knapp ein Prozent weniger als in der Vorwoche. Für Matovic ein Beleg für die Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung der Pandemie: "Mit den Massentests haben wir eine Atombombe gegen das Virus entdeckt!"
Tatsächlich liefen die Tests relativ geordnet ab. Präsidentin Zuzana Caputova sprach von der "größten logistischen Herausforderung" in der Geschichte der Slowakischen Republik. Dabei half auch das österreichische Bundesheer, das im Rahmen der Katastrophenhilfe eine Abordnung von 30 Sanitätern zur Unterstützung in unser Nachbarland sandte.
Kritik und Zweifel
Dennoch gibt es viel Kritik an Matovic und seiner Strategie. Denn der hat versprochen, dass sich negativ Getestete wieder normal bewegen dürften, was aber nicht der Fall ist. Zugleich bewegt sich die Regierung auch rechtlich auf dünnem Eis. Für verpflichtende Tests fehlt die rechtliche Grundlage, daher sind sie offiziell freiwillig. Wer den Massentest jedoch boykottiert, ist in den eigenen vier Wänden gefangen, darf nicht einmal zur Arbeit gehen.
Das wiederum führte mancherorts dazu, dass auch Menschen über 65 Jahre zum Test gingen, weil sie soziale Isolation mehr fürchteten als eine mögliche Ansteckung in einer der langen Warteschlangen. Menschen über 65 zählen zur Risikogruppe und sollten laut Regierung lieber zu Hause bleiben. Außerdem kamen bei der Massentestung Antigen-Schnelltests zum Einsatz, die zwar schnell und unkompliziert ein Ergebnis liefern, aber weniger genau sind als PCR-Tests.
Ihre Erfahrungen mit dem Massentest teilte die slowakische Regierung auch mit österreichischen Behörden, wie Staatssekretärin Jana Jezikova gestern sagte. Eine Stellungnahme aus dem Gesundheitsministerium blieb bis Redaktionsschluss aus.