Zwei Tage, zwei üble Rekorde: Am Mittwoch dieser Woche überstieg die Zahl der Neuinfektionen in den USA erstmals die 100.000er-Marke, am Donnerstag zählten die Behörden bereits 121.888 neue Fälle in 24 Stunden. Wie aus den Daten der Johns Hopkins Universität in Baltimore hervorgeht, kamen innerhalb dieses einen Tages auch 1210 Todesfälle in Zusammenhang mit dem Virus dazu.

Präsident Donald Trump hatte in den vergangenen Monaten im Wahlkampf wiederholt gesagt, die USA würden in der Krise bald über den Berg sein. Er verwies dabei darauf, dass es bald Impfstoffe und neue Therapie-Mittel geben werde. Lockdowns lehnte Trump kategorisch ab. Waren es also gar die Wahlen, die nun zur Verbreitung beitrugen? Der steirische Mikrobiologe Florian Krammer, der an der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York City an Impfstoffen forscht und selbst Teilnehmer einer Impfstoffstudie ist, glaubt das nicht: „Es ist eher das gleiche Problem wie in Europa. Es ist Herbst, es ist kalt und Viren werden leichter übertragen. In vielen US-Bundesstaaten gibt es wenig oder keine Restriktionen und da kommt es jetzt natürlich zur sprunghaften Zunahme von Fällen.“

Die Großstadt New York selbst, zu Beginn der Pandemie stark betroffen, verzeichne zwar leichte Zunahmen, habe die Lage aber weitgehend unter Kontrolle. Krammer: „Hier sind die Restriktionen aufrecht. Masken werden durchgehend getragen, social distancing wird eingehalten, es gibt keine Veranstaltungen und Restaurantbetrieb findet zum Großteil im Freien statt – das alles seit März.“ Der Experte rechnet damit, dass es in den kommenden Tagen schon zu neuen lokalen Lockdowns kommen wird: „Das passiert schon, in El Paso zum Beispiel.“ Es sei aber eher unwahrscheinlich, dass die Administration bis 20. Jänner US-weit strenge Maßnahmen setzt – das ist der Tag, an dem der Präsident angelobt wird.

Florian Krammer: Sprunghafter Anstieg der Fälle
Florian Krammer: Sprunghafter Anstieg der Fälle © Krammer

Es steigen nicht nur die Infektionszahlen, sondern auch die Krankenhaus-Einweisungen. Etwa 15 Bundesstaaten haben Höchststände bei der Belegung gemeldet, in Iowa etwa warnen Gesundheitsbehörden: „Wir laufen Gefahr, die Kontrolle über die Pandemie zu verlieren.“ Insgesamt haben sich in den USA mit ihren rund 330 Millionen Einwohnern mehr als 9,6 Millionen Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Nahezu 235.000 Menschen starben – mehr als in jedem anderen Land.

Hier ein Überblick über einige europäische Länder:

Deutschland

Erstmals sind in Deutschland mehr als 20.000 neue Infektionen mit dem Coronavirus innerhalb eines einzigen Tages registriert worden. Dem Robert-Koch-Institut (RKI) wurden 21.506 neue Corona-Infektionen binnen 24 Stunden gemeldet. Insgesamt haben sich mit gestrigem Stand seit Beginn der Pandemie in ganz Deutschland 619.089 Menschen mit Sars-CoV-2 infiziert. Die Zahl der Todesfälle stieg bis Freitag um 166 auf insgesamt 11.096.

Diese Zahlen seien eindeutig zu hoch, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert; die Gesundheitsämter seien an vielen Stellen bereits überfordert. Die Regierung berät am Montag über weitere Maßnahmen. Inzwischen hat Bayern verschärfte Einreisebedingungen erlassen, die ab Montag gelten. Quarantänepflicht gilt dann im Grundsatz für alle bayerischen Rückkehrer, die sich länger als 24 Stunden (bisher 48 Stunden) in Tirol oder einem anderen Risikogebiet aufgehalten haben, ebenso für alle Ausländer, die länger als 24 Stunden in Deutschland bleiben.

Italien

Für Premier Giuseppe Conte ist die Epidemie ein „rasender Zug“, der gebremst werden müsse. Seit Mitternacht ist eine landesweite Ausgangssperre von 22 Uhr bis 5 Uhr in Kraft. In vier Regionen – Lombardei, Piemont, Aostatal und Kalabrien – tritt zudem ein Lockdown mit Ausgangsbeschränkungen rund um die Uhr in Kraft. Betroffen ist somit ein Viertel der 60 Millionen Italiener.

Im ganzen Land wurden Museen und Ausstellungen geschlossen. Höhere Schulen und Unis stellen auf Online-Unterricht um. In den „roten“ Regionen müssen die Menschen weitgehend zu Hause bleiben. Sie dürfen jedoch etwa zur Arbeit, zum Einkaufen und zum Arzt gehen. Bars, Restaurants und viele Geschäfte machen dort zu. Auch in Italien sind die Regionen in rote, orange, oder gelbe Zonen unterteilt. „Die Zahlen steigen jeden Tag dramatisch“, so Gesundheitsminister Roberto Speranza, der die Italiener zu mehr Zusammenhalt aufforderte. Am Freitag erklärte auch noch Deutschland ganz Italien zum Risikogebiet.

Slowenien

Slowenien hat den Lockdown wegen der weiterhin schlechten epidemiologischen Lage verlängert. Die Dauer ist laut Premier Janez Jan(s)a offen, es wird mit einem Monat gerechnet. Volksschüler werden nach bereits verlängerten Herbstferien nächste Woche nicht in die Schulen zurückkehren. Die Einschränkungen für die Wirtschaft wurden hingegen etwas gelockert, es dürfen mehr Geschäfte offen haben. Slowenien hat inzwischen ganz Österreich (ab Sonntag also auch Kärnten) als Risikogebiet eingestuft.

Frankreich

Frankreich ist weiterhin extrem betroffen, am Donnerstag gab es innerhalb von 24 Stunden 58.000 Neuinfektionen. Um besonders betroffene Regionen zu entlasten, werden Patienten innerhalb des Landes in andere Spitäler verlegt, mehrere Schwerkranke wurden aus der Grenzregion Grand Est ins deutsche Saarland gebracht.

Schweiz

9400 Neuinfektionen pro Tag: Die Lage in der Schweiz wird nach wie vor als sehr besorgniserregend eingestuft, auch wenn die Kurve zuletzt leicht flacher wurde. Im Kanton Genf gilt der Ausnahmezustand, im ganzen Land gibt es einschränkende Maßnahmen, doch befürchten selbst die Bundesbehörden, dass das nicht reicht.