Derzeit nimmt die Coronakrise in Europa stark an Fahrt auf: Die Zunahmen der täglichen Neuinfektionen überschritten so manche Rekordwerte: Spanien (10.500 in 24 Stunden), Frankreich (17.000), Großbritannien (14.000) oder das Nachbarland Tschechien (5.300). Auch in Deutschland, der Schweiz und in Italien spitze sich die Lage wieder zu.

In Deutschland warnte das Robert-Koch-Institut (RKI) angesichts der hohen Neuinfektionsrate heute auch vor einer unkontrollierten Verbreitung des Coronavirus'. Es sei "möglich, dass wir mehr als zehntausend neue Fälle pro Tag sehen und dass sich das Virus unkontrolliert verbreitet", sagte RKI-Präsident Lothar Wieler. Die Zahl der Neuinfektionen binnen Tagesfrist stieg dort auf über 4.000 Fälle - nach knapp 3.000 Neufällen am Mittwoch.

In der Schweiz und in Liechtenstein wurden dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Donnerstag 1.172 neue Fälle gemeldet - dass die Zahlen über 1.000 steigen, war hier seit dem 1. April nicht mehr vorgekommen. Italien führte wegen des Anstiegs der Neuinfektionen eine landesweite Maskenpflicht im Freien ein. Auch Polen kündigte eine landesweite Maskenpflicht im öffentlichen Raum ab Samstag an. "Die zweite Welle ist da", sagte dort Regierungschef Mateusz Morawiecki.

Shutdown aufgehoben

In Spanien hob indes das Gericht in Madrid den teilweisen Shutdown der spanischen Hauptstadt und neun weiterer Orte in der Region auf. Die Zentralregierung ordnete wegen der steigenden Zahl an Infektionen an, dass die Bewohner des Großraums Madrid ihre Häuser nur mit triftigem Grund verlassen dürfen. Die Regionalregierung reichte dagegen Klage ein.

Die Pariser Gesundheitsbehörden rechnen mit einem Zustrom von Covid-19-Patienten in den Krankenhäusern. Die Gesundheitseinrichtungen seien aufgefordert worden, alle Ressourcen zu mobilisieren und sich auf die kommenden Tage vorzubereiten, schrieb der Direktor der regionalen Gesundheitsbehörde, Aurelien Rousseau, am Donnerstag auf Twitter. Ein Notfallplan wurde aktiviert. Damit können Spitäler zum Beispiel nicht dringende Operationen verschieben.

Auch in Kroatien nehmen die Corona-Zahlen drastisch zu.Am Donnerstag gab es 542 bestätigte Neuinfektionen mit SARS-CoV-2 innerhalb von 24 Stunden, womit ein Rekordwert erreicht wurde. Am Tag zuvor wurden noch 363 neue Fälle vermeldet. Im Nachbarland Slowenien wurde mit 387 Neuinfektionen ebenfalls ein Rekord registriert. Die Regierung in Ljubljana führte neue Einschränkungsmaßnahmen ein.

Wieder starker Anstieg der Infektionsfälle in Italien

Die italienischen Gesundheitsbehörden haben am Donnerstag erneut einen starken Anstieg bei den Coronavirus-Ansteckungen verzeichnet. 4.458 neue Fälle wurden in 24 Stunden registriert, am Vortag waren es 3.678 gewesen. Außerdem wurden 22 Todesfälle gemeldet, am Mittwoch waren es 31. Die Zahl der Toten in Italien seit Beginn der Epidemie im Februar stieg somit auf 36.083. Eine Rekordzahl von 128.000 Abstrichen wurde am Donnerstag genommen.

Die Zahl der bestätigten aktiven Fälle kletterte auf 65.952, jene der in Spitälern behandelten Covid-19-Patienten stieg auf 3.925, teilte das italienische Gesundheitsministerium am Donnerstag mit. Auf Intensivstationen lagen 358 Patienten, am Vortag waren es 337.

 Die Corona-Infektionszahlen der Slowakei steigen drastisch an. Während das Land im Frühjahr kaum von der Pandemie betroffen war, melden die Gesundheitsbehörden seit Mitte September fast täglich Rekorde. Am Donnerstag wurde mit 1.037 Neuinfektionen erstmals die 1.000er-Marke übertroffen. Die Zahl der coronabedingten Todesfälle stieg um zwei auf 57. Die Slowakei zählt in ihrer Corona-Statistik nur Tote, bei denen keine andere unmittelbare Todesursache nachgewiesen werden kann.

Weitere Pub-Schließungen in Großbritannien geplant

Nach den Schotten droht nun auch vielen Engländern wegen der Corona-Pandemie der Verzicht auf das Pint im Pub. In den am schlimmsten betroffenen Regionen im Norden Englands könnte von nächster Woche an kein Bier mehr aus den Zapfhähnen fließen, berichteten britische Medien übereinstimmend am Donnerstag. Demnach sollen Pubs, Restaurants und Hotels dort geschlossen werden. In Großbritannien verhängt jeder Landesteil seine eigenen Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie.

Schottland hat die Regeln bereits verschärft. Dort dürfen Pubs und Restaurants wegen steigender Infektionszahlen von Samstag an für etwa zwei Wochen keinen Alkohol mehr ausschenken. Die Betreiber können aber Essen und nichtalkoholische Getränke bis 18.00 Uhr anbieten. In den fünf am schlimmsten betroffenen Regionen muss die Gastronomie allerdings vollständig schließen.

Erstmals seit April in Portugal über 1.000 neue Fälle

In Portugal steigen die Fallzahlen deutlich an. Die Gesundheitsbehörde DGS hat am Donnerstag erstmals seit April mehr als 1.000 Positiv-Tests innerhalb eines Tages gemeldet. Angezeigt wurden 1.278 neue Fälle. Die Gesamtzahl steigt damit auf 82.534 bei einer Bevölkerungszahl von rund zehn Millionen. "Wir müssen uns vorbereiten auf das, was kommt", sagt der Staatssekretär für Gesundheit, Antonio Lacerda Sales, bei einem Krankenhausbesuch in der Stadt Braga im Norden des Landes.

Weltweit sind mehr als 36,15 Millionen Menschen nachweislich mit dem Coronavirus infiziert, ergab eine Erhebung auf Basis offizieller Daten. Danach starben mit oder an dem Virus 1.052.602 Menschen. Das Virus hat sich inzwischen in mehr als 210 Ländern und Territorien ausgebreitet, seit die ersten Fälle im Dezember in China bekannt wurden.

In Indien ist die Zahl der nachgewiesenen Infektionen um 78.524 auf 6,84 Millionen gestiegen. Zudem seien binnen 24 Stunden 971 weitere Menschen in Zusammenhang mit dem Coronavirus gestorben, teilt das Gesundheitsministerium mit. Insgesamt steigt die Zahl der Todesfälle auf 105.526. Indien verzeichnet nach den USA die höchste Infektionszahl weltweit. Auf Platz drei folgt Brasilien, das aber bei den Todesfällen hinter den USA und vor Indien liegt.