Viele unserer Leserinnen und Leser verstehen die Reisewarnung für Kroatien nicht und verweisen darauf, dass es in ihrem Urlaubsort ganz ruhig zugeht. Warum haben Sie sich dafür entschieden?
ALEXANDER SCHALLENBERG: Die Reisewarnungen haben den Sinn, die Österreicher darauf hinzuweisen, dass eine Region oder ein Staat vor dem Hintergrund der Covid-19-Bedrohung besonders gefährlich sind und daher von Reisen abgeraten bzw. empfohlen wird, zurückzufahren. Das sind keine Verbote, sondern ein Appell an Eigenverantwortung und Vernunft. Man muss sich klar sein: wir stecken noch mitten in der Krise, jeder hat Verantwortung nicht nur für sich selbst sondern auch für seine Familie, für Arbeitskollegen und Freunde.
Warum jetzt auch Kroatien?
Wir haben uns das nicht leicht gemacht. Es gibt einen laufenden Prozess der Abstimmung mit den Experten von Außen-, Innen- und Gesundheitsministerium und dem Kanzleramt. Diese Experten sitzen täglich zusammen und schauen sich die aktuelle Entwicklung an. Wo es möglich ist, wird auch regional reagiert, zum Beispiel damals mit der Lombardei in Italien oder aktuell dem Festland in Spanien.
Warum gab es keine solche regionale Reisewarnung für Zagreb, Split und Pag?
Es sind in Kroatien eben sehr verschiedene Regionen betroffen, und die Reisenden bleiben ja beispielsweise auch nicht in Split zum Beispiel, wenn sie mit dem Flugzeug dorthin anreisen, sondern sind mobil. Daher erschien es uns notwendig, für das gesamte Land eine Reisewarnung auszusprechen.
Was war der Auslöser?
Die neuen Höchstzahlen an Infizierten, die vermehrt durch Rückkehrer aus dem Ausland entstanden sind. Wir haben im Frühjahr in Österreich durch die Disziplin der Menschen so viel erreicht, das sollten wir nicht wieder aufs Spiel setzen. Ich habe den kroatischen Außenminister auch persönlich darüber in Kenntnis gesetzt.
Wie hat er reagiert?
Er war nicht erfreut, aber er hat es zur Kenntnis genommen. So wie ja auch wir zur Kenntnis nehmen, dass andere Länder vor Reisen nach Österreich warnen. Wir sind eben noch mitten in der Krise. Das vergisst man nur leicht, weil es bei uns derzeit relativ sicher ist.
Manche kritisieren, dass die Reisewarnung jetzt so plötzlich kam.
Seit März und April kommunizieren wir, dass von nicht notwendigen Auslandsreisen Abstand genommen werden sollte, und dass im Falle, dass anders gehandelt wird, eine erhöhte Verantwortung damit verbunden ist. Es war eben nicht auszuschließen, dass es zu einer Reisewarnung für Kroatien oder zuvor schon das spanische Festland kommen würde. Derzeit schauen wir uns sehr genau die Balearen an, die Zahlen in Mallorca steigen. Auch hier kann ich eine neue Reisewarnung nicht ausschließen. Dafür können wir Portugal vielleicht bald von der Liste nehmen, aber das ist dann die Entscheidung der Experten. Der Sommer 2020 ist eben kein normaler Sommer. Es ist ein Virus, es ist eine Pandemie, das ist nicht planbar. Wir müssen schnell reagieren.
Was bedeutet eine solche Reisewarnung jetzt konkret?
Dass jeder Rückkehrer aus Kroatien ab Montag einen negativen Covid-19-Test mit hat oder einen solchen innerhalb von zwei Tagen vorlegen muss. Bis zum negativen Testergebnis muss er zu Hause bleiben.
Können Sie garantieren, dass jeder einen solchen Test ergattert - in der Vergangenheit kam es da ja durchaus zu Engpässen?
Ich gehe davon aus. Auf unserer Homepage haben wir die Labore aufgezählt, die es in Kroatien gibt und die wir als verlässlich empfinden. Innerhalb von Österreich ist das Gesundheitsministerium zuständig, da gibt es ab Montag Gratistests.
Gibt es Strafen?
Ja, allenfalls eine Verwaltungsstrafe von bis zu 1.450 Euro. Aber das ist eigentlich nicht das Thema, sondern es geht um die Verantwortung für die eigene Familie, für Freunde, etc. Da sollte keiner versuchen, eine Abkürzung zu nehmen.
Wo waren Sie eigentlich selbst auf Urlaub?
Ich wäre auch gerne mit meinen vier Kindern ans Meer gefahren, aber wir haben uns für Österreich entschieden, waren in der Nähe von Salzburg, in Großarl. Es war ein schöner Aktivurlaub in den Bergen!
Claudia Gigler