"Wir befinden uns seit sechs Monaten in einem Ausnahmezustand", sagte Gesundheitsminister Anschober zu Beginn der heutigen Pressekonferenz kurz nach 11 Uhr, ehe er seine Mitarbeiter lobte und seiner Vorgängerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) die strukturelle Schwächung des Ressorts vorwarf. Anschober räumte aber auch ein, dass er als zuständiger Minister natürlich die Gesamtverantwortung trage ("Mea culpa"), auch wenn "kein Minister der Welt" Rechtsvorlagen selber verfasse. Dafür gebe es ja Rechtsexperten in den Ressorts.
Hundert Rechtsschritte und -mittel habe es seit Beginn der Pandemie im Gesundheitsministerium gegeben. Das vom VfGH gekippte Covid-Maßnahmen-Gesetzwerde aktuell repariert, es sei vor allem um einige unklare Formulierungen gegangen. Zugleich gebe es als Reaktion auf die jüngsten Pannen und Missverständnisse Reformen im Gesundheitsministerium. Das betreffe Arbeitsabläufe wie auch Personalfragen. Vor allem die hausinterne Rechtsabteilung soll personell verstärkt werden. Wie viele Juristen angestellt werden sollen, werde erst erhoben.
Pandemiegesetz wird überarbeitet
Künftig soll kein Rechtsmittel mehr verabschiedet werden, das nicht vom Verfassungsrechtlichen Dienst geprüft worden ist. Im Laufe des Jahres soll auch das Pandemiegesetz aus dem Jahr 1913 überarbeitet werden, sagte Anschober.
Ob es nachträglichen Straferlass geben könne - etwa für Bürger, die sich nicht an Abstandsregelungen gehalten haben und von der Polizei abgestraft wurden - werde derzeit auch geprüft. Diese Vorgänge seien aber komplex und heikel. "Das bedeutet nicht, dass Abstände nicht mehr eingehalten werden sollten", betont Anschober. Man sei weiter auf die Hilfe aller angewiesen, um die Pandemie einzudämmen.
Flächendeckende Testungen wichtig
Um regionalen Clusterbildungen vorzubeugen, brauche es vor allem engagiertes und gut geschultes Personal und möglichst flächendeckendes Testen. "Wir testen in Österreich soviel wie nie zuvor", erklärte Anschober. Die Corona-Hotline wurde mittlerweile mehr als eine Million Mal angerufen.
Tourismus-Mitarbeiter werden angehalten, freiwillige Tests in Anspruch zu nehmen. Auch Schlachthöfe und Altenheime werden weiter beobachtet, vor allem die Lage in Heimen sei erfreulich, die jüngeren Tests verliefen allesamt negativ, hieß es.
Jene Gastro-Praktikanten, die in St. Wolfgang positiv auf das Coronavirus getestet wurden, befinden sich laut Infektionsepidemiologin Daniela Schmid (Ages) in Quarantäne und stellen keine Gefahr für die restliche Bevölkerung dar.
Auf die Frage, warum in St. Wolfgang nicht - wie zuvor beim Freikirchencluster - mehr Schließungen vorgenommen wurden, entgegnen Anschober und Schmid, dass man einerseits den Einschätzungen, die vor Ort geschehen, vertraue und hier gehe es vor allem auch um das Kontaktmanagement, das in St. Wolfgang gut funktioniere. Auch dass mittlerweile Sommerferien sind, mache ein rigoroseres Vorgehen aktuell nicht notwendig.
Cluster in St. Wolfgang
Maskenpflicht in der Schule?
Forderungen der Lehrergewerkschaft nach verpflichtendem Maskentragen in der Schule im Herbst sind für Anschober nachvollziehbar, entsprechende Schritte anzukündigen sei aber verfrüht. "Kollege Faßmann arbeitet hier sehr professionell", sagt Anschober. Auch die Zusammenarbeit zwischen dem Bildungs- und dem Gesundheitsministerium sei sehr eng.
Aktuelle Corona-Zahlen
Die Zahl der neu mit dem Coronavirus infizierten Personen ist in den vergangenen 24 Stunden wieder dreistellig gewesen. Am Dienstagvormittag waren 119 Personen in Österreich betroffen, informierte das Innenministerium am Dienstag in einer Aussendung. 133 Leute sind jüngst genesen. 89 Covid-Erkrankte sind noch in Spitälern, 15 davon auf Intensivstationen.
Bisher gab es in Österreich 20.677 positive Testergebnisse. Mit heutigem Stand sind österreichweit 713 Personen an den Folgen des Corona-Virus verstorben und 18.379 wieder genesen. Derzeit befinden sich 89 Personen aufgrund des Corona-Virus in krankenhäuslicher Behandlung und davon 15 der Erkrankten auf Intensivstationen.
Die Neuinfektionen seit der letzten Meldung teilen sich auf die Bundesländer Österreichs wie folgt auf: Burgenland: 3, Kärnten: 3, Niederösterreich: 23, Oberösterreich: 30, Salzburg: 4, Steiermark: 12, Tirol: 5, Vorarlberg: 3 und Wien: 36.