Angesichts dramatisch steigender Corona-Todesfälle in den USA empfiehlt Präsident Donald Trump nun doch, Schutzmasken zu tragen. Auch bei der Einschätzung der Lage schlug er am Dienstag in Washington vor der Presse im Stil einer Kehrtwende völlig neue Töne an: "Es wird leider wahrscheinlich schlimmer bevor es besser wird - das ist etwas, was ich nicht gerne über Dinge sage, aber so ist es."
Trump hatte die Corona-Pandemie in der Anfangsphase heruntergespielt und anschließend die US-Staaten vehement auf eine rasche Rücknahme von Einschränkungen zur Eindämmung des Virus gedrängt, um die Folgen für die Wirtschaft geringer zu halten. Das Tragen von Masken hatte er als "politisch korrekt" abgetan. Auch vermied er es lange, mit einem Mund- und Nasenschutz gesehen zu werden. Erst kürzlich zeigte er sich das erste Mal in der Öffentlichkeit mit einer Maske beim Besuch eines Militärkrankenhauses.
Diese Art des Krisenmanagements kam bei einem großen Teil der Amerikaner offenbar nicht gut an. In landesweiten Umfragen zur am 3. November stattfindenden Präsidentenwahl fiel der Republikaner Trump in den vergangenen Wochen deutlich hinter seinen demokratischen Herausforderer Joe Biden zurück.
Nun also der Strategiewechsel: Erstmals seit Monaten setzte Trump wieder eine Pressekonferenz explizit zum Coronavirus an. "Wir bitten jeden, eine Maske zu tragen, wenn Sie keinen Abstand einhalten können. Besorgen Sie sich eine Maske. Ob Sie Masken mögen oder nicht, sie haben eine Wirkung", sagte er. Er selbst werde "sehr gerne" eine Maske tragen. "Alles, was potenziell helfen kann, ist eine gute Sache."
Trump rief seine Mitbürger auch dazu auf, Abstandsregeln einzuhalten und strikt Hygienemaßnahmen wie Händewaschen anzuwenden. "Wir bitten junge Amerikaner inständig, brechend volle Bars und andere Zusammenkünfte in überfüllten geschlossenen Räumen zu meiden."
Es war das erste Mal, dass Trump so deutlich einräumte, wie sehr sich die Lage inzwischen zugespitzt hat. Die USA sind das von der Pandemie am schlimmsten betroffene Land. Seitdem viele US-Staaten Schutzmaßnahmen gelockert haben, obwohl viele Indikatoren weiter dagegen sprachen, nahmen die Todeszahlen laut einer Auswertung der Nachrichtenagentur Reuters in 21 US-Staaten wieder zu.
Die Behörden meldeten in den vergangenen zwei Wochen zwischen 60.000 und 77.000 Neuinfektionen pro Tag sowie Hunderte Todesfälle. Besonders betroffen sind die Staaten Florida, Georgia, Texas, Arizona und Kalifornien. Allein am Dienstag kamen mehr als 1000 weitere Todesfälle hinzu - es war der stärkste Anstieg binnen eines Tages seit Anfang Juni. Insgesamt sind nunmehr fast 142.000 Menschen in den USA im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion gestorben. Mehr als 3,8 Millionen Erkrankungen wurden registriert.
Trumps Kritiker haben ihm von Anbeginn vorgeworfen, die Krise zu unterschätzen und mit absurden Überlegungen - wie etwa das Spritzen von Desinfektionsmitteln - die Bevölkerung zu verunsichern. Besonders Masken wurden zum Politikum. Bei Trumps erstem großen Wahlkampfauftritt seit dem Virusausbruch trug im Juni in der geschlossenen Arena von Tulsa - ganz nach dem Vorbild des Präsidenten - kaum jemand im Publikum einen solchen Mund- und Nasenschutz.
Eingeständnis seiner Fehler?
Dass Trump nun plötzlich doch für Masken werbe, sei ein Eingeständnis seiner Fehler im Umgang mit dem Virus, befand die mächtigste Demokratin im Kongress, Nancy Pelosi. Die Pandemie sei kein Scherz. Sie sei schlimmer geworden, weil Trump nicht gehandelt habe. "Und tatsächlich ist es das Trump-Virus", sagte die Vorsitzende des Repräsentantenhauses dem Sender CNN.
Sie spielte damit darauf an, dass Trump oft vom "China-Virus" spricht, weil das neuartige Coronavirus erstmals in der chinesischen Millionenmetropole Wuhan entdeckt worden war. Ein Sprecher von Bidens Wahlkampfteam sagte, Trumps Behauptung, wonach die Regierung sich schonungslos auf das Virus fokussiert habe, sei grotesk.
Unterdessen ist mit 164 Paaren weißer Schuhe vor dem Kapitol in Washington der Krankenschwestern gedacht worden, die in den USA an der Infektion mit dem Coronavirus gestorben sind. Die Schuhe wurden am Dienstag von der Berufsvereinigung National Nurses United (NNU) auf eine Rasenfläche vor dem Sitz des Kongresses gestellt. Jedes Paar Schuhe symbolisiert einen Corona-Todesfall. Die Regierung und der Kongress hätten beim Schutz der Krankenschwestern während der Pandemie versagt, kritisierte Stephanie Simms, eine in der Hauptstadt arbeitende Krankenschwester.