Angesichts steigender Corona-Infektionen durch Auslandsrückkehrer verhängt die österreichische Regierung weitere Reisewarnungen und verschärft die Grenzkontrollen zu Slowenien und Ungarn. Die Regierung rät von Reisen nach Rumänien, Bulgarien und in die Republik Moldau dringend ab, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Mittwoch in Wien. Die Grenzkontrollen im Osten sollen verdoppelt werden.
Die Situation bezüglich Covid-19 habe sich am Balkan leider verschlechtert. "Wir erleben immer mehr Einschleppungen aus dem Ausland. Deswegen der dringende Appell, nicht in diese Länder zu reisen", so Kurz im Pressefoyer nach dem Ministerrat.
Harte Strafen
Für Rückkehrer aus Ländern, für die es eine Reisewarnung gibt, gilt weiterhin eine 14-tägige Quarantänepflicht. Wer diese verletze, begehe kein Kavaliersdelikt, sondern einen ernsthaften Verstoß und riskiere eine Strafe von bis zu 1.450 Euro, warnte der Kanzler. Wer positiv getestet sei und die Quarantäne breche, begehe ein Strafrechtsdelikt und müsse mit deutlich schärferen Strafen rechnen.
Es werde zudem strengere Kontrollen der verhängten Bestimmungen geben und die Grenzkontrollen zu Ungarn und Slowenien werden verdoppelt, kündigte Kurz an. "Insbesondere Rückkehrer aus dem Balkan werden kontrolliert." 1.800 Polizisten werden im Einsatz sein.
Die Reisewarnungen gelten ab sofort, die strengen Regeln bei der Einreise ab morgen, Donnerstag, sagte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) nach dem Ministerrat. Für die Republik Moldau ändere sich dadurch eigentlich nichts, galten hier doch jetzt schon die restriktiven Drittstaatenregeln. Seine Amtskollegen in den drei Ländern habe er bereits am Dienstag informiert.
"Bei weitem noch nicht über den Berg"
"Das ist nicht der Weg, den wir uns wünschen und vorgestellt haben", sagte Schallenberg, als Ultima Ratio sei dies aber notwendig geworden. Er nehme absolut zur Kenntnis, dass diese Staaten selbst entschiedene Maßnahmen gegen die Ausbreitung von Covid-19 setzten. Daher gebe es die Hoffnungen, die Restriktionen bald wieder aufheben zu können. Global sei man allerdings bei weitem noch nicht über den Berg.
Schallenberg erklärte auf Nachfrage, dass die Reisewarnungen auf EU-Ebene nicht koordiniert seien, weil es sich um ein nationales Instrument handle. Natürlich sei man mit den betroffenen Ländern aber in Kontakt getreten, auch um Fragen etwa um Erntehelfer oder Pflegekräfte zu klären.
Ob die Reisewarnung für Rumänien Auswirkungen auf die Pflegesituation in Österreich hat, war laut Wirtschaftskammer vorerst nicht klar. Von den etwa 60.000 Pflegekräften, die in der 24-Stunden-Betreuung tätig sind, stammt etwa die Hälfte aus Rumänien. Im Mai wurden zur Einreise der Pflegerinnen Korridorzüge eingerichtet. 1.600 Passagiere nutzten diese Direktverbindung zwischen Österreich und Rumänien. Ende Mai wurde sie eingestellt, weil die rumänische Regierung die Reisebestimmungen gelockert hatte.
Zur Frage einer möglichen Aufhebung der Warnungen bezüglich Kanadas, Australiens oder Thailands meinte Schallenberg, der Fokus liege im ersten Schritt auf dem innereuropäischen Raum.
Auf die Frage, ob das Außenministerium auch für das beliebte Urlaubsland Kroatien, das zuletzt einen Anstieg an Corona-Fällen verzeichnete, eine Reiswarnung im Blick hat, erklärte eine Sprecherin Schallenbergs gegenüber der APA: "Zu diesem Zeitpunkt nicht. Wir beobachten die Lage aber - wie auch in anderen Ländern - ganz genau."
"Überzeugter Tiroler"
Bundespräsident Alexander Van der Bellen brach unterdessen nach einem Treffen mit seinem kroatischen Amtskollegen Zoran Milanović eine Lanze für die Kroatien-Urlauber. "Es kann ihnen genauso passieren in Tirol, in Kärnten und im schönen Salzburg, und wir haben kein Meer", sagte Van der Bellen am Mittwoch in Wien. "Insofern habe ich volles Verständnis für Menschen, die Meer genießen wollen. Ich weiß, was das ist, und ich bin ein überzeugter Tiroler."
Besonders hoch ist die Zahl an Corona-Fällen in Nordmazedonien. Dort liegt laut Corona-Ampel des Complexity Science Hub (CSH) der Wert an positiv getesteten Fällen pro 10.000 Einwohner innerhalb 14 Tagen seit 23. Juni bei 9,3. In der Republik Moldau und dem Kosovo liegt die Zahl jeweils bei 8,5, in Montenegro bei 8,4. Dahinter folgen Bosnien-Herzegowina mit 6,2, Serbien mit 5,2, Albanien mit 3,4, Bulgarien mit 2,8, Rumänien mit 2,6 und die Türkei mit 2,1.
Umgehend Kritik an Kurz kam von der NEOS-Europaabgeordneten Claudia Gamon. "Der Bundeskanzler zeigt sich wieder einmal von seiner anti-europäischen und populistischen Seite. Er spricht von 'Einschleppungen aus dem Ausland' anstatt sich endlich für eine gemeinsame europäische Containment-Strategie einzusetzen." Mit der heutigen Pressekonferenz setze die türkis-grüne Regierung die Politik der Angst fort, so Gamon in einer Aussendung. "Europa kommt nur mit Zuversicht - nicht mit Angst - aus der Krise."