"In Österreich gibt es keine Industriebetriebe dieser Größenordnung, die Bedingungen sind mit jenen in Deutschland nicht vergleichbar", sagte Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). Die Vorfälle in deutschen Fleischfabriken zeigten aber sehr deutlich auf, "dass Preisdumping und Billigimporte große Probleme mit sich bringen". Die Ressortchefin forderte auch "eine klare und einfache Herkunftskennzeichnung für verarbeitete Produkte".
Das Gesundheitsministerium betonte, dass nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft "keine Gefahr durch das neuartige Coronavirus von Fleisch, Wurst und ähnlichen Produkten ausgehen kann". Dies sei durch eingehende Analysen und Risikobewertungen übereinstimmend durch alle anerkannten Institutionen, wie dem deutschen Institut für Risikobewertung (BfR), der österreichischen AGES, der EU-Lebensmittelbehörde und der WHO festgestellt worden. Deshalb würden auch keine besonderen Kontrollmaßnahmen gesetzt werden.
Lieferungen von Fleisch unterliegen dem Ministerium zufolge im Binnenmarkt dem freien Warenverkehr und werden nicht im Einzelnen registriert oder von behördlicher Seite überwacht oder nachverfolgt. Maßnahmen zur Nachverfolgung, wohin Lieferungen gegangen sind und damit erforderliche Testungen oder Beschlagnahmen werden nur getroffen, wenn der Verdacht vorliegt, dass durch das betroffene Fleisch eine gesundheitliche Beeinträchtigung ausgehen kann. Dies ist dem Gesundheitsministerium zufolge hier nicht der Fall.
In heimischen Fleischereien wird es aber vermehrte Testungen geben. Dabei werden generell zusätzlich zu den bisherigen Tests - 572.473 wurden bereits durchgeführt - unter anderem auch Screening-Programme gestartet. Eines der ersten Themen werden dabei Screening-Tests im Bereich schwieriger Arbeits-, Wohn- und Lebensverhältnisse sein. "Dabei wird es umfassendere Testungen auch im Bereich von Schlachtbetrieben geben", so Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). Details werden noch präsentiert.
Anschober sah angesichts des Ausbruchs bei Tönnies "dringenden Handlungsbedarf". "Die Schattenseite von Billigst-Fleisch sind Tierleid, schlechte Entlohnung der Bäuerinnen und Bauern, prekäre Arbeitsbedingungen auf den Schlachthöfen - diese Missstände müssen beendet werden", forderte er. Ein wichtiger Schritt hierfür wäre eine klare Kennzeichnung von Herkunft und Tierhaltung.
Laut den Betreibern des Tierschutzvolksbegehrens werden jährlich über 175 Millionen Kilo Schweinefleisch nach Österreich importiert, der Großteil davon aus Deutschland. Es landet in der heimischen Nahrungsmittelindustrie und Gastronomie. "Es landet aber auch in öffentlichen Küchen, also in Kindergärten, Krankenhäusern und Altersheimen, in Schulen und beim Bundesheer. Also überall dort, wo mit österreichischem Steuergeld eingekauft wird und wo sofort ein Stopp verfügt werden könnte", hieß es in einer Aussendung.
Der Selbstversorgungsgrad von Fleisch liegt in Österreich bei 109 Prozent (fünfjähriges Mittel, Zahlen von Statistik Austria). "Das heißt, Österreich produziert mehr Fleisch, als hierzulande verbraucht wird", hieß es in einer Studie von Greenpeace. Die Umweltschutzorganisation wies darauf hin, dass der Fleischkonsum generell zu hoch ist. "De facto isst jeder Mensch in Österreich im Schnitt pro Kopf eineinviertel Kilogramm Fleisch pro Woche - das Dreifache der als gesund erachteten Menge", so die NGO.