Das Coronavirus ist in Italien offenbar schon länger aktiv als angenommen. Genetische Spuren des Erregers SARS-CoV-2 seien in Abwässern der Großstädte Mailand und Turin vom Dezember sowie in Abwässern aus Bologna vom Jänner nachgewiesen worden, heißt es in einer Stellungnahme vom nationalen Gesundheitsinstitut ISS. In Österreich rückte indes das Bundesheer zur Desinfektion nach Stockerau aus.
Offiziell festgestellt worden war der Coronavirus-Ausbruch in Italien erst Mitte Februar. Für die ISS-Studie wurden 40 Abwasserproben untersucht, die zwischen Oktober 2019 und Februar 2020 genommen wurden. Die Oktober- und November-Proben aus Mailand und Turin waren noch negativ, die Dezember-Proben jedoch nicht mehr. Die Ergebnisse wurden laut ISS von zwei unterschiedlichen Laboren mit unterschiedlichen Methoden bestätigt.
Die Analyseergebnisse "helfen, den Beginn der Zirkulation des Virus in Italien zu verstehen", heißt es in dem ISS-Papier. Außerdem bestätigten sie die international bereits vorliegenden Beweise dafür, dass Abwasserproben als Mittel zur Früherkennung eines Coronavirus-Ausbruchs eine strategische Bedeutung zukomme.
Als Ausgangspunkt der Corona-Pandemie gilt die chinesische Millionenmetropole Wuhan. Dort wurde das neuartige Coronavirus im Dezember erstmals bei Menschen festgestellt. Einige Wochen später meldete Italien Ansteckungsfälle - außer einem Touristenpaar aus China ein Einheimischer in der Stadt Codogno in der Lombardei. Schnell entwickelte sich Italien - und dort insbesondere der Norden - zum Epizentrum der Pandemie in Europa.
Auch in anderen Ländern trat das Coronavirus offenbar früher auf als durch Tests bei Patienten nachgewiesen. Laut einer spanischen Studie enthielten Abwasserproben von Mitte Jänner bereits Spuren von SARS-CoV-2 und damit rund 40 Tage, bevor die erste Ansteckung innerhalb Spaniens gemeldet wurde. Das ISS verweist darauf, dass eine nachträgliche Untersuchung von Krankenhaus-Patienten in Frankreich ergeben habe, dass das Virus dort bereits Ende Dezember aktiv gewesen sei.
Das ISS rief das italienische Gesundheitsministerium auf, das Sammeln von Proben aus Abwasserkanälen und den Bereichen vor Kläranlagen zu koordinieren. Dies sei ein "Mittel, die Zirkulation des Virus in verschiedenen Gebieten in einem frühen Stadium zu entdecken und zu überwachen". Das Institut startet dazu im Juli eine Pilotstudie in Urlaubsgebieten und will bis zum Herbst ein landesweites Abwasser-Überwachungssystem aufbauen.
Nach dem neuen Coronavirus-Ausbruch in Peking stieg die Zahl der Infizierten weiter. Wie die staatliche Gesundheitskommission am Freitag mitteilte, wurden 25 weitere Ansteckungen nachgewiesen. Seit der neue Ausbruch auf einem Großmarkt der chinesischen Hauptstadt am vergangenen Donnerstag bekannt wurde, ist die Zahl der Infizierten damit auf 183 gewachsen.
Wie Zahlen des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) zeigen, wurden aus den Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) einschließlich Großbritanniens bisher 1.498.689 Infektionen sowie 172.960 Todesfälle gemeldet. Die meisten Infektionen gab es bisher in den fünf bevölkerungsreichsten Ländern der Region: Großbritannien (300.469), Spanien (245.268), Italien (238.159), Deutschland (188.534) und Frankreich (158.641). In Österreich gab es nach Regierungsangaben bis Freitagvormittag 17.271 positive Testergebnisse und 688 Todesfälle.
In Stockerau nördlich von Wien begann aufgrund jüngster Coronavirus-Fälle am Freitag ein Einsatz der ABC-Abwehrtruppe. Bis Samstagfrüh soll die Bundesheer-Einheit das Rathaus, die Volksschule und den Kindergarten desinfizieren. 80 Personen waren dazu an Ort und Stelle. Notwendig wurde die Anforderung der ABC-Abwehreinheit in der größten Stadt des Weinviertels, weil es sowohl im Rathaus als auch in Kindergarten und Volksschule bestätigte Coronavirus-Fälle gab.
Eine Studie der britischen Forschungsgruppe Economist Intelligence Unit (EIU) verglich indes die Reaktionen der Regierungen von 21 OECD-Staaten auf das Coronavirus. Österreich nimmt dabei den zweiten Platz hinter Neuseeland ein. Die USA liegen überraschend vor Südkorea und Japan, ganz am Ende finden sich Belgien und Großbritannien. Ausschlaggebend für das Abschneiden der Länder waren die Zahl der Testungen, die durch Corona bedingten Todesfälle sowie die Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung bei Nicht-Covid-19-Fällen. Demgegenüber standen drei Risikofaktoren: der demografische Anteil Älterer, Adipositasprävalenz aufgrund von WHO-Daten sowie die inzwischen stark reduzierte Anzahl internationaler Ankünfte von Reisenden.