Brasilien ist seit dieser Woche das Land mit der weltweit dritthöchsten Zahl von Corona-Toten nach den USA und Großbritannien. Mehr als 35.000 Menschen starben nach offiziellen Angaben bisher an der Lungenkrankheit Covid-19. Landesweit wurden bisher mehr als 645.000 Infektionen registriert. Experten gehen jedoch aufgrund der geringen Zahl von Tests von einer hohen Dunkelziffer aus.
Jair Bolsonaro steht wegen seines Umgangs mit der Corona-Pandemie massiv in der Kritik. Er bezeichnete Covid-19 in der Vergangenheit als "kleine Grippe" und lehnt die von den Bundesstaaten angeordneten Corona-Beschränkungen ab, weil die Wirtschaft darunter leide.
Am Samstag warfen die regionalen Gesundheitsbehörden Bolsonaros Regierung vor, die vielen Corona-Opfer im Land "unsichtbar" machen zu wollen. Seit Freitagabend veröffentlicht das Gesundheitsministerium keine Gesamtopferzahl mehr, sondern meldet nur noch die Opferzahl jedes Tages. Dieser "autoritäre, unsensible, unmenschliche und unethische Versuch, die Covid-19-Toten unsichtbar zu machen, wird nicht funktionieren", erklärte der Rat der Gesundheitsminister.
Ein ranghoher Regierungsvertreter hatte die von den örtlichen Behörden gemeldeten Corona-Statistiken zuvor als "unzuverlässig und manipuliert" bezeichnet.
Der brasilianische Bundesstaat Rio de Janeiro hat am Samstag seine Corona-Beschränkungen gelockert. Gouverneur Wilson Witzel ordnete per Dekret an, dass Bars, Restaurants und Einkaufszentren teilweise wieder öffnen dürfen. Auch einige sportliche Aktivitäten sind wieder erlaubt. Schon am Samstagvormittag strömten wieder viele Menschen an die Strände.
Rio de Janeiro ist mit mehr als 6.400 Todes- und 63.000 Infektionsfällen der am zweitstärksten betroffene Bundesstaat Brasiliens. Die strengen Corona-Maßnahmen in Rio hätten mehr als 46.000 Menschen das Leben gerettet, schrieb Witzel, der in der Corona-Pandemie einer der schärfsten Kritiker von Präsident Jair Bolsonaro ist, im Onlinedienst Twitter.