Am 1. Mai waren in Österreich 332 Minderjährige als vermisst im Fahndungssystem gespeichert: 229 Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren, 103 Unmündige unter 14. Das berichtete das Bundeskriminalamt (BK) anlässlich des Tages der vermissten Kinder am Montag. Die meisten tauchen in der Regel nach wenigen Tagen wieder auf oder werden gefunden. Das BK machte auf das Projekt Heimvorteil aufmerksam.
Mehr als 11.000 Vermisstenanzeigen insgesamt wurden 2019 in ganz Österreich erstattet, das sind rund 30 pro Tag. Etwa zehn der Fälle bleiben pro Jahr auf lange Sicht ungelöst. "Bis diese Personen entweder lebend oder tot gefunden werden, bleiben sie in der Datenbank", erläuterte BK-Sprecher Vincenz Kriegs-Au. Am 1. Mai waren im österreichischen Fahndungssystem (EKIS) 816 Männer und Frauen als abgängig registriert, 484 Erwachsene und 332 Minderjährige. Miteingerechnet sind da jene rund 600, von denen seit Etablierung der Datenbank in den 60er-Jahren jede Spur fehlt.
Drei Viertel Minderjährige
Von den abgängigen Personen stammen insgesamt 115 Erwachsene, 185 Jugendliche und 68 Unmündige aus Ländern außerhalb der Europäischen Union. Bei rund drei Viertel aller in Österreich als vermisst Gemeldeten handelt es sich um Minderjährige, die sich ohne Erlaubnis aus Betreuungseinrichtungen entfernen. Die meisten dieser Anzeigen betreffen Buben oder Mädchen, die bereits mehr als dreimal abgängig waren, einige von ihnen bis zu 50-mal und öfter. 80 bis 85 Prozent aller Vermissten tauchen innerhalb einer Woche wieder auf, 90 bis 95 Prozent innerhalb eines Monats.
Im März mit Beginn der Corona-Maßnahmen gab es einen leichten und im April einen sehr starken Rückgang der Anzahl der Minderjährige betreffenden Abgängigkeitsanzeigen. Wurden im Jänner und Februar 2020 österreichweit noch etwa 600 Unter-18-Jährige als abgängig angezeigt, sank diese Zahl im März auf knapp über 500. Im April 2020 wurden 343 Fälle der Polizei gemeldet, fast 45 Prozent weniger als zu Beginn des Jahres. Die Zahlen werden sich laut BK im Mai (bisher: 300 Meldungen) wieder den normalen Werten annähern.
Das Präventionsprojekt Heimvorteil soll die Kommunikation zwischen Sozialeinrichtungen mit örtlich zuständigen Polizeidienststellen verbessern. Außerdem steht der Schutz der betroffenen Minderjährigen vor Kriminalität im Fokus. Von März bis Juni 2019 wurden dazu insgesamt 120 Polizeibeamtinnen und -beamte geschult. Im Anschluss daran wurde österreichweit Kontakt mit den Leitungen besonders betroffener Betreuungseinrichtungen aufgenommen, um bestehende Probleme rechtzeitig zu erkennen und gemeinsame Lösungen zu erarbeiten.