Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) hat am Sonntag eine erste Analyse des aktuellen Clusters an Coronavirus-Infektionen präsentiert. Laut dem Ressortchef deutet alles darauf hin, dass das Postzentrum im niederösterreichischen Hagenbrunn bzw. die Leiharbeitsfirmen Auslöser waren. Nur zehn Prozent der Wiener Betroffenen wiesen offenbar Symptome auf.
"Es zeigt alles nach Hagenbrunn", sagte Hacker im Gespräch mit der APA. Dies habe die genaue Betrachtung der jüngsten Zahlen - viele der in Hagenbrunn tätigen Arbeiter leben in Wien - ergeben. Leiharbeit sei offenbar diesbezüglich ein großes Problem. Mit Flüchtlingen habe dies nichts zu tun. Denn die meisten Fälle etwa in der Unterkunft in Erdberg ließen sich auf die Post-Verteilzentren zurückführen - und nicht umgekehrt.
Laut Stadt Wien sind offenbar aus Erdberg vor allem Personen betroffen, die als Leiharbeiter bei der Post tätig waren bzw. in weiterer Folge Personen, zu denen sie Kontakt hatten.Von mehr als 1.000 Tests in verschiedenen Asyl-Einrichtungen waren nur knapp 40 (davon vier Betreuungspersonen, Anm.) positiv. Dabei sei ein Konnex in Sachen Leiharbeit erkennbar gewesen, hieß es. Der Großteil der betroffenen Leiharbeiter seien zudem keine Flüchtlinge, wurde versichert.
"Wir bringen Licht in den Schatten"
Der Cluster in Sachen Post sei erkannt worden, weil Wien genauer hinschaue: "Wir bringen Licht in den Schatten." Dabei habe man entdeckt, dass nur zehn Prozent der Fälle symptomatisch waren. Beim Rest sei die Infektion offenbar sehr leicht verlaufen. Dies sei eine neue Erkenntnis, versicherte Hacker. Man stehe vor keinem neuerlichen "Ausbruch", sondern die gestiegenen Zahlen ergäben sich daraus, dass punktuell sehr intensiv untersucht werde.
"Vergleichbares würde man in ganz Österreich finden", zeigte sich der Ressortchef überzeugt. Nötig sei darum nun auch, mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) in eine Diskussion zu treten. Es werde eine Debatte über die statistischen Zahlen geben müssen.
Die Kritik von FPÖ und ÖVP wertete er als "Wien-Bashing" im Wahlkampf. In diese Diskussion wolle er sich nicht hineinziehen lassen: "Weil mir das zu blöd ist." Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) wolle wohl ablenken von Niederösterreich, "wo die Infektionszahlen ansteigen sowie von seiner glorreichen Rolle in Ischgl".
Die Unterstützung der Gesundheitsbehörden sei überdies die gesetzliche Verpflichtung der Exekutive, gab er zu bedenken. Man nehme diese Hilfe bereits in Anspruch. Contact-Tracing durch die Kriminalpolizei sei jedoch nicht nötig, versicherte er. "Der Innenminister soll sich viel mehr Sorgen machen, dass an der Grenze nicht kontrolliert wird." Offenbar sei es etwa möglich, dass Personen aus Kroatien ohne Kontrollen einreisen, berichtete Hacker.
Er plädierte darüber hinaus auch für eine Diskussion über Leiharbeit. Denn auch die Post - auch wenn deren Verteilzentren nun stark betroffen seien - sei nicht unmittelbar dafür verantwortlich zu machen. Vielmehr sei es ein Problem, dass Personen, die als "neue Selbstständige" auf Abruf arbeiten würden, sozial nicht abgesichert seien.