Rund zwei Monate lang hatten Hilfsorganisationen in Bangladesch vor diesem Moment gewarnt – und versucht, ihn zu verhindern. So riegelten die Behörden etwa den Bezirk Cox’s Bazar mit seinen mehr als einer Million Flüchtlingen und 400.000 Einwohnern ab, um einer Epidemie vorzubeugen. Doch jetzt ist das Coronavirus doch in einer der größten Flüchtlingssiedlungen der Welt angekommen. Fast eine Million Rohingya – verfolgte Muslime aus dem benachbarten Myanmar – leben seit 2017 unter verheerenden Bedingungen in Zelten oder Bambusbaracken in engsten Verhältnissen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bestätigte kürzlich den ersten Fall von Covid-19 im Flüchtlingslager. Mittlerweile sollen bereits vier Flüchtlinge erkrankt sein. Ein Teil des Lagers wurde komplett abgeriegelt. Die 5000 Bewohner des Bereichs dürften ihre Hütten nicht verlassen, zudem würden keine Besucher eingelassen, sagte der örtliche Regierungsvertreter Mahfuzar Rahman. Die Behörden bemühten sich außerdem, die Kontakte der infizierten Lagerbewohner nachzuverfolgen, betonte Rahman.

Isolation nur für wenige Menschen möglich

Die Erkrankten selbst werden in geschlossenen Schulen außerhalb des Camps isoliert. Das sei allerdings nur für etwa 2000 Kranke möglich, erzählt Muhammad Al Mamun, Projektleiter der österreichischen Hilfsorganisation Sonne International in Bangladesch. „Zudem gibt es etwa 1500 Krankenhausbetten, die für Coronakranke zur Verfügung stehen.“

Abstand halten sei im Lager aber nicht wirklich möglich, ist sich Al Mamun sicher. Auf 13 Quadratkilometern, einer Fläche von nur einem Zehntel von Graz, leben 1,2 Millionen Flüchtlinge. Das sind etwa 90.000 Menschen auf einem Quadratkilometer. Zum Vergleich: In Wuhan, wo das Virus ursprünglich ausgebrochen ist, sind es 6000 Bewohner pro Quadratkilometer.

Unterdessen gibt es auch im Vertriebenen-Camp im Südsudan – in dem 100.000 Menschen leben – einen ersten Krankheitsfall. „Unsere schlimmsten Befürchtungen werden wahr. Angesichts der Menschenmenge in einem geschlossenen Camp ist die Ausbreitung des Coronavirus ein Albtraumszenario. Zäune, die früher dazu dienten, die Menschen vor den Kämpfen zu schützen, setzen sie nun dem Risiko aus“, befürchtet Rosalind Crowther, Care-Länderdirektorin im Südsudan.