Österreich ist bisher bei der Bekämpfung der Covid-19-Pandemie sehr erfolgreich gewesen. "Man muss schon sagen, dass wir den ersten Teil unserer 'Hausaufgabe' bravourös erfüllt haben", sagte jetzt der Wiener Infektiologe Florian Thalhammer(MedUni Wien/AKH) in einer Online-Ärzteforbildung. Enorm wichtig sei die Arbeit der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES).
"Es ist uns gelungen, eine massenhafte Infektion zu verhindern, sodass unser Gesundheitssystem nicht an seine Grenzen gestoßen ist", erklärte Thalhammer, im Rahmen einer vom Pharmakonzern Merck, Sharp und Dohme (MSD) organisierten Online-Vortragsreihe.
Vergleichsdaten sprechen klare Sprache
Der Experte zitierte auch internationale Vergleichsdaten zur Covid-19-Sterblichkeit: So erlagen bisher in Großbritannien 47,95 Patienten pro 100.000 Einwohner den Folgen einer SARS-CoV-2-Infektion, in Frankreich betrug die Rate 39,32 je 100.000 Menschen. In Schweden, das von manchen Experten wegen seiner Strategie gelobt worden ist, waren es bisher 31,23 Todesopfer/100.000. Dann folgen beispielsweise die USA mit einer Mortalität von 24,31 pro 100.000 Einwohner. Weit darunter befinde sich Österreich mit 6,99 Covid-19-Verstorbenen/100.000. Ganz unten in der Liste von des Infektiologen liegt Südkorea mit nur 0,5 Todesopfern je 100.000. "Wir haben unsere Hausaufgaben (auch, was die Covid-19-Sterblichkeit angeht; Anm.) brav gemacht."
Nach der Reduktion der Zahl der Neuinfektionen mit einer effektiven Reproduktionszahl für SARS-CoV-2 unter den Faktor 1 in Österreich werde man in einigen Wochen sehen, wie sich die Lockerung Maßnahmen auswirke. "Wir werden Ende Mai wissen, ob die Epidemie im Griff ist oder ob die 'heiße' effektive Reproduktionszahl wieder deutlich über 1 ist. Was wir zusammengebracht haben, ist - 'Ischgl lässt grüßen'. Man glaubt gar nicht, wie viele in Ischgl gewesen sind. Wir haben aus Ischgl unseren (SARS-CoV-2-)-Stamm erfolgreich global verbreitet", sagte Thalhammer.
"Wie wichtig die Arbeit der AGES ist, sieht man daran, dass man die Cluster aufgeklärt hat", erklärte der Experte. Diese Art der Verbreitung von SARS-CoV-2 mache auch deren künftige Arbeit bedeutsam. Es sei "ganz wichtig, jedem Erkrankten nachzugehen, Contact Tracing zu betreiben, sodass wir wissen, wie Erkrankungen zusammenhängen, um sie wieder einzudämmen."
Mehrere Probleme bezüglich der Infektionen bleiben aber bestehen und ergeben sich aus der Natur von Covid-19: Die Virusausscheidung beginnt schon ein bis drei Tage vor Symptombeginn. 40 bis 80 Prozent der Übertragungen finden im asymptomatischen Stadium statt. Die Inkubationszeit beträgt 5,2 Tage.
"Das bereitet uns Kopfzerbrechen"
Darüber hinaus, was auch immer wieder zu Unsicherheit bezüglich der Sicherheit von Virustests führt: In der PCR-Virusgenom-Testung lassen sich in Nasen-Rachen-Abstrichen Genombestandteile der Erreger rund 20 Tage lang finden, in Extremfällen bis zu 37 Tage. "Das ist eine Tatsache, die uns im Krankenhaus bei unseren Mitarbeitern Kopfzerbrechen bereitet", erklärte der Fachmann. Der Nachweis von SARS-CoV-2-Erbsubstanz auch noch nach mehreren Wochen sagt nämlich nichts darüber aus, ob jemand noch infektiös ist.
Auch der Effekt von bei SARS-CoV-2 langsamer auftretenden Mutationen der Erbsubstanz ist laut Thalhammer noch ungeklärt. Eine Mutation, die erstmals in Deutschland festgestellt wurde (D614G) könnte leichtere Vermehrung der Viren und eine höhere Viruslast bei Infizierten herbeiführen. Diese Variante verdränge derzeit andere Covid-19-Erreger. Ob das aber wirklich Bedeutung für die künftige Verbreitung von SARS-CoV-2 habe, sei noch unbekannt. Eine andere ebenfalls registrierte Virusgenom-Variante (ORF7a) schwäche die Erreger offenbar ab.