Die Kontrollen an den Grenzen Deutschlands wegen der Corona-Pandemie sollen ab Samstag schrittweise gelockert werden. Das gelte zunächst an den Grenzen zu Österreich, Frankreich und der Schweiz, sagte Innenminister Horst Seehofer am Mittwoch in Berlin. Ab 15. Juni sollten sie dort ganz wegfallen, wenn das Infektionsgeschehen dies zulasse. Die deutsche Regierung verfolge das Ziel, ab Mitte Juni wieder zu einem "freien Reiseverkehr in Europa" zurückzukehren, sagte Seehofer nach einer Kabinettssitzung.
Grenzübergänge ab Samstag geöffnet
An den Grenzen zu Frankreich, Österreich und der Schweiz sollten ab Samstag wieder alle Übergänge geöffnet werden, sagte Seehofer weiter. Zudem solle ab Samstag an allen deutschen Grenzen nur noch stichprobenartig und nicht mehr systematisch kontrolliert werden. Es werde eine "deutliche Lockerung und Vereinfachung" geben, sagte der Minister. Die komplette Öffnung setze aber voraus, "dass wir weiterhin energisch in der Bekämpfung des Infektionsgeschehens bleiben".
Eine Sonderregelung sei mit Luxemburg vereinbart worden: Dort sollten die Grenzkontrollen bereits ab Samstag komplett wegfallen. Eine ähnliche Lösung werde derzeit mit Dänemark ausverhandelt. Dafür soll es auch über den 15. Mai hinaus keine Einreisen aus Spanien und Italien geben, da sei man sich mit Österreich, Frankreich und der Schweiz einig, sagte Seehofer weiter.
Einreisen aus Drittstaaten
Bei Einreisen aus Drittstaaten sollten die geltenden Beschränkungen unverändert bis mindestens 15. Juni in Kraft bleiben, sagte Seehofer. Als Beispiel nannte er Einreisen aus den USA und Russland. Für Einreisen aus solchen Drittstaaten solle auch die Quarantänepflicht weiter gelten - also die Vorschrift, dass sich Einreisende nach Ankunft in Deutschland zunächst 14 Tage in Quarantäne begeben. Für den Binnenreiseverkehr in Europa soll die Quarantänepflicht wegfallen.
Schon am Mittwoch in der Früh öffneten mehrere kleinere Übergänge an den Grenzen zwischen Bayern und Österreich für Berufspendler, Anrainer und Landwirte.
Weitere Öffnungen
Wie das Bundeskanzleramt zuvor mitteilte, strebt Österreich nach dem Vorbild der Vereinbarung mit Deutschland eine stufenweise Liberalisierung des Grenzregimes mit der Schweiz, Liechtenstein und osteuropäischen Nachbarländern an. Bundeskanzler Sebastian Kurz habe Innenminister Karl Nehammer, Europaministerin Karoline Edtstadler und Außenminister Alexander Schallenberg (alle ÖVP) beauftragt, einen ähnlichen stufenweisen Prozess mit diesen Ländern aufzusetzen, "wenn die Infektionen auch dort unter Kontrolle bleiben".
Um die tourismusbezogenen Aspekte werde sich Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) kümmern: Diese hielt im ORF-Radio zu möglichen Grenzöffnungen fest, dass Österreich "intensiv mit Nachbarstaaten im Gespräch" sei.
Tourismus wartet auf Stammgäste aus Deutschland
Ministerin Köstinger hatte bereits vor Ostern als erstes Regierungsmitglied eine Grenzöffnung zu Deutschland auf Basis einer bilateralen Vereinbarung noch vor dem Sommer ins Spiel gebracht. Sie war damit zunächst auf eine verhaltene Reaktion sowohl des Gesundheitsministeriums als auch der deutschen Regierung gestoßen.
Die österreichische Tourismuswirtschaft ist stark von deutschen Sommerurlaubern abhängig. Vor allem drängte die Branche aber auf Klarheit, was die Sommersaison betrifft und verwies auf Buchungen von deutschen Stammgästen, die Zusagen für neue österreichische Gäste erschwerten.
Das Vorgehen entspreche dem Ansatz "So viel Freiheit wie möglich, so viel Einschränkung wie nötig" und folge auch den Empfehlungen der EU-Kommission nach einem graduellen Prozess auf Grundlage von klar definierten Kriterien, hieß es aus dem Bundeskanzleramt. Die EU-Kommission wollte ihre Leitlinien für eine schrittweise Grenzöffnung am Mittwoch beschließen. Medienberichten zufolge empfiehlt die Brüsseler Behörde ein vorsichtiges und abgestimmtes Verfahren der Mitgliedsstaaten. Kontrollen sollen demnach zunächst dort gelockert werden, wo sich die Infektionszahlen auf beiden Seiten der Grenze vergleichbar verbesserten.
Kleine Grenzübergänge sind offen
Bereits am heutigen Mittwoch öffneten in der Früh mehrere kleinere Grenzübergänge zwischen Bayern und Österreich für Berufspendler und Anrainer. In Oberösterreich geht es um die Grenzübergänge Breitenberg-Hinteranger/Vorderanger und Voglau, die von 7:00 bis 20:00 offen sein werden, sowie Bad Füssing-Obernberg (6:00 - 20:00 Uhr).