Die wegen der Corona-Pandemie verfügte behördliche Schließung endet am 29. Mai. Bis dato herrscht aber Ratlosigkeit, welche Auflagen die Branche dabei zu erfüllen hat. Auch die Grenzen sind noch zu. "Wir hängen wirklich komplett in der Luft", sagte die Präsidentin der Hoteliervereinigung, Michaela Reitterer, im Gespräch mit der APA.
"Es ist auch noch total unklar, was passiert, wenn man im Hotel einen Corona-Fall hat - muss ich die Küche schließen, das gesamte Personal in Quarantäne schicken, oder nur einen Teil davon?" Hier wäre zudem ein höheres Ausmaß an Testmöglichkeiten notwendig - die Mitarbeiter sollten laut Reitterer jede Woche durchgecheckt werden können. "Weil noch einen Shutdown überlebt kein Hotel - da ist dann z'ammgeräumt", so die ÖHV-Chefin, die selbst ein Hotel in Wien führt.
Es bleibt nicht bei dem Schaden, der bereits durch den wochenlangen Stillstand verursacht wurde. Die weiterhin auf unbestimmte Zeit geschlossenen Landesgrenzen verunsichern zusätzlich, denn der Tourismus in Österreich ist vom Ausland, vor allem von den deutschen Urlaubern, abhängig - fast drei Viertel der Nächtigungen kommen von dort. Der Städtetourismus leidet ganz besonders. "In Wien haben wir im Juli und im August 14 Prozent Inlandsanteil", verdeutlichte Reitterer.
Bitte um maßgeschneidertes Modell für die Hotellerie
"Die derzeitige Orientierungslosigkeit ist wirklich schwierig", erklärte die ÖHV-Präsidentin. Ihrer Meinung nach bräuchten die Betriebe Kurzarbeit bis 2021, nicht nur drei Monate lang. "Warum kann man nicht gleich für zwölf Monate ansuchen, wenn wir schon wissen, dass wir es für ein Jahr brauchen", fragt sich die Hotelchefin. "Wir bitten um ein maßgeschneidertes Modell für die Hotellerie", so ihr Appell an die Regierung.
Die Häuser füllen sich keinesfalls mit dem Hochgehen der Rollbalken. Der große Ansturm wird ausbleiben. "Die Leute werden prinzipiell eine Reisezurückhaltung haben", erwartet der Tourismusexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Oliver Fritz, mit Blick auf Angst vor Ansteckung, Arbeitslosigkeit bzw. befürchtete Jobverluste. Viele Arbeitnehmer hätten ihren Urlaub angesichts der Krise auch bereits abbauen müssen. "Das sind alles Unsicherheitsfaktoren, aber auf der anderen Seite wollen die Menschen 'raus'", relativierte Fritz.
Die für die gesamte Volkswirtschaft wichtige Branche brauche rasch ein ganzen Bündel an Hilfsmaßnahmen. "Zeit ist da ein kritischer Faktor", betonte der Konjunkturforscher. Die Unterstützung, die es seitens der Regierung bereits gibt, ist laut Reitterer sehr bürokratisch. "Man wartet ewig aufs Geld." Da gebe es Optimierungsbedarf, bekräftigte der Wifo-Experte. Trotz 100-prozentiger Staatshaftung brauchen die Banken Sicherheiten für ihre Kredite, andernfalls könnte der Staat bei einer Insolvenz den Vorwurf machen, sie hätten nicht ordentlich geprüft.
"Da wäre schnell geholfen und unbürokratisch geholfen"
"Das alles könnte man sich sparen, wenn man mehr Zuschüsse gewährte statt Kredite", schlug Fritz vor. Die sind nicht rückzahlbar und die Banken wären draußen. "Da wäre schnell geholfen und unbürokratisch geholfen", stellte auch die ÖHV-Präsidentin fest. Von der Regierung bereits zugesagt sind Zuschüsse für weiterlaufende Fixkosten und für verderbliche Ware, die abgeschrieben werden muss. "Es gibt nichts Verderblicheres als ein Hotelzimmer, wenn du das nicht an einem Tag verkaufst, ist es weg - verderblicher als ein Salathäuptel", meinte Reitterer.
Ein "sehr gutes Instrument, um die Betriebe zu unterstützen", wäre auch ein "Verlustrücktrag", schlug die ÖHV-Chefin vor. "Wir werden heuer einen Verlust machen", ist sie sicher. Die Hotelière sprach sich auch für "zeitlich begrenzte Lohnsteuer- oder Umsatzsteuer-Aussetzungen oder -Absenkungen" aus. Neben der Umsatzsteuerschraube könnte man auch noch an der Abschreibungsschraube drehen, ergänzte Fritz. "Das muss man halt unglaublich schnell machen, der Sommer kommt auf uns zu."
Es sei auch noch wenig beim Ankurbeln der Nachfrage geschehen. Die erst kürzlich lancierte Idee, Gutscheine an die Österreicher für Urlaub im eigenen Land auszugeben, sei "noch sehr unausgegoren und noch nicht auf der Umsetzungsseite". Die nationale Tourismusmarketing-Organisation Österreich Werbung (ÖW) starte ab 1. Juni die große Inlandskampagne für Urlaub zuhause. "Das Potenzial ist eigentlich sehr groß - wir haben 68 Millionen Nächtigungen, die die Österreicher pro Jahr im Ausland tätigen", so der Wifo-Experte. "Man muss einfach versuchen, so viel wie möglich aus dem Teich zu schöpfen." Das könne für ein paar Betriebe eine Überlebensstrategie werden - "die Nachfrage, die ihnen hilft, dieses Jahr zu überstehen".