Die EU-Kommission hat eine Verlängerung des Einreisestopps nach Europa wegen der Coronakrise um weitere 30 Tage empfohlen. Die Behörde forderte die Mitgliedstaaten am Freitag auf, die Beschränkungen bis zum 15. Juni in Kraft zu halten. Aus Sicht der Behörde sollten zuerst die Kontrollen an den Grenzen innerhalb der EU aufgehoben werden, bevor die Einreisebeschränkungen in die EU gelockert werden.
Die Lage in Europa und weltweit bleibe instabil. "Daher sollten Maßnahmen an den Außengrenzen fortgesetzt werden, um das Risiko einer weiteren Ausbreitung der Krankheit durch Reisen in die EU zu verringern", teilte die EU-Kommission mit.
Die Aufhebung von Reisebeschränkungen wegen der Pandemie solle "schrittweise erfolgen", erklärte die Kommission weiter. Zunächst müssten "die Kontrollen an den Binnengrenzen stufenweise und koordiniert aufgehoben werden, bevor in einem zweiten Schritt die Beschränkungen an den Außengrenzen gelockert werden können."
Zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie hatten sich Mitte März alle EU-Staaten außer Irland sowie die Nicht-EU-Staaten Schweiz, Norwegen, Liechtenstein und Island darauf geeinigt, nicht zwingend notwendige Reisen in die EU zunächst einzuschränken. Vor einem Monat war der Einreisestopp schon einmal verlängert worden, am 15. Mai liefe er eigentlich aus.
Die Beschränkungen betreffen nicht EU-Bürger und EU-Ausländer, die dauerhaft in den Mitgliedstaaten leben. Auch medizinisches Personal und sonstige Experten, die für die Bekämpfung der Pandemie benötigt werden, sowie Beschäftigte des Transportgewerbes und Saisonarbeiter sind ausgenommen.
Umsetzung liegt in der Kompetenz der Regierungen
Die EU-Kommission kann die Verlängerung nur empfehlen. Die Umsetzung liegt in der Kompetenz der nationalen Regierungen. Die Kommission schloss eine weitere Verlängerung der Reisebeschränkungen an den Außengrenzen nicht aus. Dies hänge "von der Entwicklung der epidemiologischen Lage" ab, erklärte die Behörde.
Unberührt von dem Vorschlag der EU-Kommission bleiben die Kontrollen an den Binnengrenzen Europas. Etliche Staaten hatten zu Beginn der Corona-Krise Grenzkontrollen im eigentlich kontrollfreien Schengenraum eingeführt - auch Österreich.
Kurz will mit Deutschland bald eine Lösung finden
Zuletzt gab es immer mehr Forderungen einiger Länder, die Kontrollen zwischen einigen Ländern wieder aufzuheben. Österreich drängt, dass Deutschland seine Grenzen für deutsche Urlauber öffnet. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zeigte sich am Freitag optimistisch, dass die Grenzschließung mit Deutschland noch vor dem Sommer beendet würde. "Ich bin optimistisch, dass wir mit Deutschland in den nächsten Wochen eine Lösung finden", sagte Kurz. Beide Länder hätten aktuell sehr niedrige Covid-19-Neuinfektionszahlen.
Druck kommt auch von den regionalen Wirtschaftskammern etwa in Bayern, Tirol und Vorarlberg. Sie fordern ein rasches Ende der Einschränkungen an den Grenzen zwischen den beiden Ländern. Nach Ansicht der Wirtschaftstreibenden sollen die Einschränkungen bis spätestens 15. Mai wieder aufgehoben werden. Zuvor hatten bereits die zehn Wirtschaftskammern der Bodenseeanrainerländer in einer gemeinsamen Aussendung die sofortige Öffnung der nationalen Grenzen gefordert.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann bremste und plädierte dafür, kleine, völlig geschlossene Grenzübergänge wieder zu öffnen und Berufspendlern die täglichen Fahrten zu erleichtern. Aber "ich sehe nicht, dass wir in naher Zukunft auf Grenzkontrollen ganz verzichten können".
Keine Abschaffung der Grenzkontrollen
Die vorübergehenden Schließungen wegen der Pandemie dürften auch nicht mit den unabhängig davon noch bis zum 11. November geltenden Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze verwechselt werden. Letzte waren eingeführt worden, weil die EU-Außengrenzen aus deutscher Sicht zu wenig kontrolliert werden. "Eine Abschaffung der Grenzkontrollen kommt für mich nicht in Frage", sagte Herrmann in München.
Auch der deutsche Innenminister Horst Seehofer verteidigte die bisher bis zum 15. Mai angesetzten Kontrollen und verwies auf laufende Gespräche mit den Ländern.
"Unser oberstes Ziel ist die Wiederherstellung eines voll funktionsfähigen Schengenraums der Freizügigkeit, sobald die Gesundheitslage dies zulässt", sagte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson am Freitag. Dann erst könnten die Beschränkungen an den Außengrenzen aufgehoben werden.