Der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) und Regierungspartner Johannes Rauch (Grüne) haben am Dienstag nach der Regierungssitzung fünf Punkte für ein schrittweises Hochfahren des Landes nach der Coronakrise präsentiert. Dabei gebe es eine große Zielsetzung, und zwar "alles zu tun, um Arbeitsplätze zu retten und Existenzen zu sichern".
Die Infektionslage in Vorarlberg und Österreich werde laufend beobachtet, man könne nun aber "mit Vorsicht einen ersten Strich ziehen", erklärte Wallner (ÖVP): Die Situation sei seit einigen Tagen "sehr stabil", die gesetzten Maßnahmen hätten Wirkung gezeigt. Das ermögliche, über eine Gesamtstrategie zum "schrittweisen, kontrollierten, aber klaren Hochfahren von Wirtschaft und Gesellschaft" zu sprechen, was gerade angesichts der Entwicklung am Arbeitsmarkt nötig sei.
Dementsprechend sei in einer "physischen Regierungssitzung" am Dienstag eine erste Standortbestimmung vorgenommen und gemeinsam ein "Fünf-Punkte-Plan" für das Wiederhochfahren in Vorarlberg aufgestellt worden. Zum ersten, so Wallner, brauche es einen "Krisenplan 2", der definiere, was bei einer möglichen zweiten Welle zu tun sei. Darauf müsse man vorbereitet sein, "niemand will einen zweiten Lockdown", so Wallner, "das wäre wirtschaftlich katastrophal". Testung und Containment müssten noch besser und schneller werden, damit man allfällige lokale Ausbrüche rasch eindämmen könne.
Dazu komme die Frage von Konjunktur und Beschäftigung, erklärte der Landeshauptmann. Die Situation am Arbeitsmarkt sei "sehr schlimm", das habe es so seit Kriegsende noch nie gegeben. Wirtschaftslandesrat Marco Tittler (ÖVP) werde diese Woche Gespräche mit Branchenvertretern führen, dann würden weitere Schritte geplant.
Auch in der mittelfristigen Finanzplanung sei einiges zu überarbeiten, so Wallner: "Die Finanzen im öffentlichen Bereich stehen Kopf." Es sei notwendig, "über den Landeshaushalt drüberzugehen", die derzeitige Version sei "nicht krisenresistent". Diese Aufgabe werde sich bis in den Herbst ziehen. Zudem sollen - als vierter Punkt - alle Unterstützungen des Landes übersichtlich zusammengefasst und wenn nötig nachgeschärft werden.
Schließlich, so Wallner, stelle sich die Frage: "Was können wir aus so einer Krise lernen? Was machen wir mit angedachten Zukunftsprojekten?" Es gelte, Kräfte zu bündeln und auch zeitlich über den Tellerrand zu schauen. Lehren könne man zum Beispiel für die Bereiche Digitalisierung - Stichwort E-Learning - und regionale Selbstversorgung ziehen.
Besonderes Augenmerk müsse nun auf die Jungen gerichtet werden, die gerade auch am Arbeitsmarkt besonders unter Druck geraten, erklärte der Landeshauptmann. Das Ziel, chancenreichstes Land für Kinder und Jugendliche zu werden, dürfe nicht aus den Augen verloren werden.
Umweltlandesrat Rauch erklärte, nun sei der Zeitpunkt, auch wieder von Zuversicht zu sprechen und nach vorne zu schauen. Eine zentrale Frage sei, wie es auf dem Arbeitsmarkt weitergehe - in diesem Kontext sei unbedingt eine schnellstmögliche Öffnung der Grenzen nötig, richtete er einen Appell an den Bund: "Dieses Signal brauchen wir jetzt", verwies er auch auf die psychologische Wirkung einer Grenzöffnung.
Er glaube nicht, "dass nichts mehr sein wird wie zuvor", so Rauch. Es gelte, den Blick auf Zukunftsprojekte zu richten. Als Beispiel nannte er die Vorarlberger Textilindustrie, die in der Krise mit der Fertigung von Masken begann: "Wenn wir Masken können, können wir auch regionale Versorgung." Man müsse auf größere Unabhängigkeit setzen, etwa im landwirtschaftlichen Bereich oder mit der vom Land angestrebten Energieautonomie.
Die 100 Millionen, die das Land an Hilfen zugesagt hatte, "werde man nicht einfach über das Land schütten", waren sich Wallner und Rauch einig. Es gehe nicht um ein "so schnell wie möglich", sondern es werde genau geschaut, wo Unterstützung zusätzlich zur Bundeshilfe sinnvoll sei. Es seien aber bereits "Haftungszusagen und Förderungen draußen". Einer Steuererhöhung erteilten sowohl Rauch als auch Wallner eine Absage, "das wäre komplett verkehrt".
Die Pressekonferenz der Landesregierung fand zum ersten Mal seit Beginn der Coronakrise wieder im gewohnten Rahmen unter Beisein von Journalisten statt. Die Anwesenden waren aufgerufen, Maske zu tragen und Abstand zu halten.