Corona hat die Strände leergefegt und die Touristen vertrieben - aber in den Hotels der Kette Vila Gale in Portugal ist das Personal hinter verschlossenen Türen trotzdem fleißig. Vorräte von Desinfektionsmitteln, Mundschutzmasken, Handschuhen und Fieberthermometern werden angelegt. Im Speisesaal werden die Tische auf Sicherheitsabstand auseinander gerückt.
Die Köche arbeiten an Menüs, weil Büffets aus Hygienegründen wegfallen müssen. Die zweitgrößte Hotelkette des Landes will die Häuser im Juni öffnen. "Wir müssen die Situation aushalten und im Sommer einige Einnahmen erzielen", sagt Vorstandsmitglied Goncalo Rebelo Almeida. Wenigstens die Fixkosten will er hereinholen und dann auf eine Erholung im kommenden Jahr setzen.
10 Prozent zur globalen Wirtschaftsleistung
Das globale Reisegeschäft wird nach einer Schätzung von Tourism Economics heuer um fast 40 Prozent oder fast 580 Millionen Reisen sinken. Für die Branche mit ihren rund 320 Millionen Beschäftigten weltweit, die 10 Prozent zur globalen Wirtschaftsleistung beiträgt, wird es ein Katastrophenjahr.
Politiker vertreiben derzeit jede Hoffnung, dass die Menschen wegen der Pandemie Aussichten auf Sommer, Sonne und Strand haben. Es sei eher unwahrscheinlich, dass Reisende relativ schnell wieder nach Spanien, Griechenland oder in die Türkei kommen könnten, sagte der Tourismusbeauftragte der deutschen Regierung, Thomas Bareiß, im ZDF.
Der deutsche Außenminister Heiko Maas ließ in dieser Woche keinen Zweifel daran, dass er die weltweite Reisewarnung über den 3. Mai hinaus verlängern wird. Nach Beratungen mit seinen EU-Kollegen sagte er in der ARD: "Wir haben alle eine Reisewarnung - weltweit - in die Welt gesetzt, und irgendwann werden wir uns damit auseinandersetzen müssen, wann man diese Reisewarnung zurücknehmen kann. Es gibt allerdings im Moment keinen einzigen Hinweis, der darauf hindeutet, dass man das tun könnte in absehbarer Zeit." Das bedeutet, Pauschalreisen dürfen nicht angeboten werden. Individualreisende könnten sich zwar auf eigenes Risiko auf den Weg machen - wenn es denn Flüge gäbe. Die Airlines in Europa bieten wegen der Reisebeschränkungen so gut wie keine Verbindungen an. Der größte Billigflieger Ryanair erwartet frühestens Ende Juni den Neustart.
Der Deutsche Reiseverband (DRV) drängt unterdessen auf eine allmähliche Lockerung. Die Risikoabschätzung für die Reiseländer müsse wieder differenzierter werden, fordert DRV-Präsident Norbert Fiebig. "Ich bin überzeugt, safer und smarter Reisen ist möglich", sagt Fiebig. Nach einer Öffnung bestimmter Regionen in Deutschland könnten schrittweise Länder in Europa freigegeben werden, welche die Coronapandemie gut gemeistert hätten - "unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen." Die Branche werde für Hygiene- und Sicherheitskonzepte sorgen.
Portugal will die geringen Coronafallzahlen und sein robustes Gesundheitssystem als Werbeargumente nutzen, wie Wirtschaftsminister Pedro Siza Vieira erklärt. Gesundheitsschutz-Zertifikate für die Hotels sollen Vertrauen schaffen. Nach Daten der Johns Hopkins Universität hat das Land am Atlantik erst 820 Todesfälle bei 22.353 Infizierten zu beklagen. Niedrige Fallzahlen und Sterberaten haben auch Griechenland, Österreich oder Kroatien. Das beliebteste deutsche Reiseland Spanien zählt dagegen ebenso wie Frankreich und Italien unterdessen schon deutlich über 20.000 Corona-Tote. Auch die Sterberaten sind höher. "Die Gäste werden sich ansehen, wie die Coronasituation vor Ort ist - die weniger belasteten Länder könnten als angenehmes Ziel betrachtet werden", sagt ein Sprecher von TUI Deutschland. Neben Portugal und Griechenland seien auch die balearischen und kanarischen Inseln von der Pandemie bisher kaum betroffen und daher kein Risikogebiet. Doch die spanischen Inselgruppen haben wegen der verheerenden Lage auf dem Festland schlechte Aussichten auf eine baldige Normalisierung.
Auch die Touristen haben das Reisen für 2020 noch nicht abgeschrieben. Nach einer Umfrage des Buchungs- und Bewertungsportals HolidayCheck unter 1.300 Nutzern aus Deutschland halten 40 Prozent an Urlaubsplänen fest. Für 60 Prozent sei völlige Transparenz bei den Storno-Bedingungen der ausschlaggebende Faktor fürs Buchen. 30 Prozent wollten ihren nächsten Urlaub in Deutschland verbringen. "Was Urlauber jetzt brauchen, sind schnelle, korrekte und einfach verständliche Informationen", erklärt Pascal Due, Direktor Kundenservice von HolidayCheck.
Die Branche hofft, dass das Wetter Badeurlaub bis in den Herbst hinein ermöglicht. So etwa in Griechenland, das stark vom Tourismus abhängig ist. "Wir haben definitiv schon drei Monate verloren", sagt Manolis Giannoulis, der ein Hotel auf Kreta betreibt. "Jetzt hoffen wir, die anderen vier von Juli bis Oktober zurückzugewinnen."