Im Norden wird teilweise bereits über Lockerungen geredet, im Süden der Welt hingegen noch hart um eine Beschränkung der Pandemie gerungen. In Afrika und Lateinamerika kämpfen Schwellenländer gegen ähnliche Probleme. Das Coronavirus sorgt für eine Verschärfung alter Gegensätze.
Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa kündigte am Dienstagabend ein Investitionspaket von umgerechnet 25 Milliarden Euro für die Krisenbewältigung an und setzt dabei auch auf die Hilfe von Weltbank und IWF. Klar ist: Beim Weg nach vorne droht eine hohe Verschuldung. Zwei Schwellenländer im Vergleich zeigen das:
Südafrika als Afrikas zweitgrößte Volkswirtschaft erlebt verheerende Auswirkungen der Restriktionen auf die Wirtschaft, die sich schon vor der Coronakrise in der Rezession befand. Millionen Menschen kämpfen dort ums Überleben, die Armut ist in wenigen Wochen dramatisch angewachsen. Ramaphosa versprach mehrmonatige Überbrückungsgelder sowie eine aufgestockte Sozialhilfe und kündigte ein Programm zur Neuausrichtung der schlingernden Wirtschaft an. Sein Land hatte direkt am ersten Tag einer mehrwöchigen Ausgangssperre einen Tiefschlag von der Ratingagentur Moody's erhalten.
Nur Stunden nach Umsetzung der strengen Restriktionen senkte die letzte große Ratingagentur den Daumen über dem Kap-Staat - Moody's stufte seine Kreditbewertung in den Ramschbereich ab, der für Anleger riskante Anlagen benennt. Die Konsequenz war eine Kapitalflucht, die Landeswährung fiel auf ein Rekordtief. Südafrika wird nun noch höhere Zinsen auf seine Staatsanleihen zahlen müssen. Der am Kap lange als undenkbar geltende Gang zum IWF wurde plötzlich denkbar.
Der Kap-Staat mit seiner hohen Arbeitslosigkeit und brutalen sozialen Ungleichheit kämpft seit Jahren mit strukturellen wirtschaftlichen Problemen und einer unzuverlässigen Stromversorgung. Problematisch ist auch die starke Fokussierung auf den Rohstoffsektor - gerade bremst die Coronakrise auch die Gold- und Platinproduktion aus.
Im Kampf gegen den Konjunktureinbruch versucht die Notenbank mit Zinssenkungen gegenzusteuern. Ihre Wachstumsprognose für 2020 revidierte sie von minus 0,2 auf minus 6,1 Prozent. Sie ist noch pessimistischer als der Internationale Währungsfonds (IWF), der bisher von minus 5,8 Prozent ausgeht.
Argentinien als Südamerikas zweitgrößte Volkswirtschaft steckte ebenfalls schon vor der Corona-Pandemie in einer handfesten Wirtschaftskrise. Wie in Südafrika hat der weitgehende Lockdown seit Mitte März nun Fabriken, Geschäfte und Büros ganz zum Stillstand gebracht. Der IWF rechnet mit einem Rückgang der Wirtschaftskraft in diesem Jahr um 5,7 Prozent - und Argentinien befindet sich bereits seit 2018 in der Rezession. Das Land leidet wie der Kap-Staat unter einem aufgeblähten Staatsapparat, geringer Produktivität der Industrie und einer großen Schattenwirtschaft, die dem Staat viele Steuereinnahmen entzieht. Zudem ist Argentinien hoch verschuldet.
Allein mit 57 Milliarden Dollar steht das Land beim IWF in der Kreide - dem größten Kredit, den der Fonds jemals vergeben hat. Die Hoffnungen auf eine wirtschaftliche Genesung des prominenten Schuldners sind in Washington offenbar verflogen: Der IWF erklärte die Schulden des Landes zuletzt für nicht mehr tragfähig und rief private Gläubiger auf, auf einen Teil ihrer Forderungen zu verzichten. Die Vorsitzende der regionalen UN-Wirtschaftskommission Cepal, Alicia Bárcena, warb für Finanzhilfen und warnte vor den sozialen Folgen der Krise in der Region: "Die Arbeitslosigkeit könnte von 8,2 auf 13,2 Prozent steigen und die Zahl der Armen von 185 Millionen auf 209 Millionen."
Der IWF kann laut seinen Statuten nicht auf Forderungen verzichten, denkbar ist aber eine Stundung der Rückzahlungen. Dagegen werden private Gläubiger wohl Verluste hinnehmen müssen. Argentinien hat einen Schuldenschnitt und ein Zahlungsmoratorium vorgeschlagen. Nun liegt der Ball im Spielfeld der Gläubiger, darunter Investmentfonds wie Blackrock und Pimco. Einige haben schon den ersten Vorschlag der Argentinier abgelehnt, wollen aber weiter verhandeln. Sollte es keine Einigung geben, droht Argentinien die Staatspleite - wieder einmal.