Die Quarantäne über das Tiroler Paznauntal und die Gemeinden St. Anton am Arlberg und Sölden wird mit Donnerstag der Vergangenheit angehören. Ab dann gelte auch für diese Gebiete das "Bundesregime", teilte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) am Dienstag bei einer Videopressekonferenz mit. Die Grundlage für die Entscheidung sei die Zahl der Neuinfektionen in den Gemeinden gewesen.

In den vergangenen zehn Tagen seien dort nur zehn Neuinfektionen aufgetreten, sagte Günter Weiss, Direktor der Innsbrucker Uni-Klinik für Innere Medizin. Angesichts der niedrigen Zahl wäre es unverantwortlich, die strengen Quarantänemaßnahmen weiter aufrechtzuerhalten, betonte Weiss. Für die Bewertung der Lage aufgrund der Neuinfektionen habe man sich entschieden, weil man bei vielen ehemals am Coronavirus Erkrankten Bestandteile des Virus mit einem Nasen- bzw. Rachenabstrich noch Wochen nachweisen könne, obwohl die Menschen nicht mehr ansteckend seien.

Platter bedankte sich indes einmal mehr für das Durchhaltevermögen der Bürger in den Gemeinden im Tiroler Oberland und sprach von einem "großen Erfolg". Er sei sich bewusst, dass es für viele zuletzt eine schwierige Situation bedeutet habe. Gleichzeitig mahnte der Landeschef die Bevölkerung, sich weiter an alle durch den Bund vorgegeben Maßnahmen und Einschränkungen zu halten.

Gleichzeitig strich Platter die positive Entwicklung in Tirol, was die Zahlen anbelangt, hervor. Man weise mittlerweile nur mehr 622 Infizierte auf - bei bereits 2.721 Genesenen. In den vergangenen 24 Stunden sei die Zahl der Infizierten um 164 Personen gesunken, jene der Geheilten um 165 gestiegen. Auch in den Krankenhäusern schaut es weiter gut aus. Nur mehr 96 Corona-Patienten werden dort behandelt, auch die Zahl der Intensivpatienten sank um vier weitere auf 40. 37 Patienten mussten beatmet werden. Insgesamt 94 Personen starben in Tirol bisher mit oder an einer Covid-19-Erkrankung.

Gewisse Normalität

Mediziner Weiss sprach angesichts der Zahlen ebenfalls von einer "gewissen Normalität", die nun wohl Platz greifen werde. Dem "schwedischen Modell" mit relativ wenig Einschränkungen im öffentlichen Leben bzw. keinen Ausgangsbeschränkungen wollte der Experte auf Nachfrage nicht das Wort reden. Er habe eine "gewisse Skepsis", ob das auf Dauer gut gehe, spielte Weiss auf eine vergleichsweise höhere Neuinfektionsrate an.

Auf die Frage, wie das Virus sich weiter entwickeln wird, brachte Weiss unter anderem das Beispiel der SARS-Pandemie vor rund 18 Jahren ins Spiel. Damals seien die Infektionen nach einigen Monaten eingedämmt worden und "aus irgendwelchen Gründen" nicht mehr aufgetaucht. Im Sommer sei die Zahl der Neuinfizierten weltweit beständig zurückgegangen. Dies wäre eine von mehreren Möglichkeiten. Aussagen von Experten, wonach man quasi "die nächsten zwei Jahre vergessen" könne, teile er jedenfalls nicht, so Weiss: "Vielleicht ist die Zukunft viel rosiger, als es manche Schwarzseher vorhersagen."

Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) sprach von einem "zerbrechlichen Erfolg". Man müsse weiter geduldig sein und Distanz halten. Gleichzeitig nahm auch Felipe Bezug auf weitere Schritte hin zur Normalität. So werde etwa ab Anfang Mai der ÖBB-Nahverkehr wieder wie vor der Krise gewohnt verlaufen.