Kanzler Kurz kündigt eine "schrittweise" Rückkehr zur Reisefreiheit an. "Wir sind hier insbesondere in Kontakt mit Ländern, die ähnlich erfolgreich sind wie wir (bei der Bekämpfung des Coronavirus, Anm.) wie zum Beispiel unseren deutschen oder tschechischen Nachbarn", sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien. Zuvor hatten unter anderem die Außenminister Deutschlands und Österreichs das Thema erörtert. "Wir sind auf europäischer Ebene in Abstimmung und die Vorgabe der Europäischen Kommission ist es, dass alle Mitgliedsstaaten zunächst einmal versuchen werden mit ihren Nachbarstaaten entsprechende Regelungen zu finden", sagte Kurz. Man habe das Ziel, "schrittweise, wenn es die Entwicklung des Virus hergibt, auch in Europa die Grenzkontrollen herunterzufahren und wieder schrittweise mehr und mehr zu gewährleisten", so Kurz. "Das wird allerdings einige Zeit brauchen, nur behutsam funktionieren und mit ständigem Blick auf die Infektionszahlen verbunden sein."
"Ich bitte sie, noch nicht frühzeitig mit uneingeschränkter Reisefreiheit quer durch Europa zu rechnen", sagte Kurz. Anders als bei den anderen am Dienstag bekannt gegebenen Lockerungsschritten nannte Kurz keinen Zeithorizont. Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hatte am Wochenende in einem Zeitungsinterview eine bilaterale Vereinbarung mit Deutschland ins Spiel gebracht, die bereits für die Sommersaison gelten könnte.
Vorsichtig hatten sich zuvor am Dienstag auch die Außenminister Deutschlands und Österreichs gezeigt, die im Rahmen einer Videokonferenz mit ihren Amtskollegen aus der Schweiz, Liechtenstein und Luxemburg berieten. Sie seien sich dessen bewusst, "dass man keine voreiligen Schritte setzen darf", sagte eine Sprecherin von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) nach der Videokonferenz. Man werde sich "sehr eng abstimmen". Zugleich sei die weitere Entwicklung der Pandemie "das A und O" bei jeder Entscheidung.
Bilaterale Vereinbarungen
Der deutsche Außenminister Heiko Maas sprach sich für "eine europäische Abstimmung in diesen Fragen" aus, wie er in einer Video-Pressekonferenz im Anschluss angesprochen auf mögliche bilaterale Vereinbarungen erklärte. "Deshalb wird mal alles, was an nationalen Maßnahmen zur Eindämmung und Kontaktverfolgung abgestimmt wird, überprüfen müssen, ob die Voraussetzungen gewährleistet sind, Reisebeschränkungen schrittweise zurückzunehmen."
Ende April wolle sich die deutsche Bundesregierung in Abstimmung mit den Ministerpräsidenten der deutschen Bundesländer damit auseinandersetzen. Zwar wünsche er sich, dass die Grenzen so bald wie möglich wieder geöffnet werden. Aber unter Hinweis darauf, dass in Deutschland Großveranstaltungen bis Ende August abgesagt wurden, betonte er: "Eine normale Urlaubssaison mit vollen Strandbars und vollen Berghütten wird es diesen Sommer nicht geben können. Das wäre nicht zu verantworten."
Zuvor hatte auch EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton in einem Fernsehinterview die Erwartung geäußert, dass die Kontrollen im Schengenraum auch über den Sommer bestehen bleiben. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte am Dienstag, dass die Brüsseler Behörde Leitlinien für die Grenzöffnung vorlegen werde. "Wir suchen nach smarten Lösungen", sagte der Sprecher. Bis zur Sommer-Saison sollte es einen "europäischen Ansatz" geben. Basis sei der bestehende EU-Rechtsrahmen.
Auf APA-Anfrage hatte die EU-Kommission zuvor mitgeteilt, dass es kommende Woche eine Videokonferenz der Tourismusminister geben werde. Zugleich drängte die Behörde auf ein koordiniertes Vorgehen der Mitgliedsstaaten. Die Kontrollen sollen beendet werden, "sobald die epidemiologische Situation der angrenzenden Regionen ausreichend konvergiert und die Regeln zur sozialen Distanzierung verbreitet und verantwortungsvoll angewandt werden". Zugleich kündigte sie an, dass die EU-Seuchenkontrollbehörde ECDC eine Liste mit vom Coronavirus wenig betroffenen Gebieten vorlegen werde. Denn: "Die Reisebeschränkungen sollten als erstes zwischen Gebieten gelockert werden, in denen das Virus vergleichsweise wenig in Umlauf ist."
Die Tourismusindustrie drängte indes auf baldige "Klarheit", was die Grenzöffnungen betrifft. "Die Betriebe brauchen einen Zeithorizont für die Planung. Die reservierten Zimmer können nicht unendlich lange geblockt werden, wenn die Gäste nicht kommen", schreibt die Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), Michaela Reitterer, in einer Aussendung. Sie forderte auch eine Inlands-Werbekampagne für den Urlaub in Österreich. Derzeit kämen nämlich drei Viertel der österreichischen Nächtigungen aus dem Ausland. Bundeskanzler Kurz ging diesbezüglich bereits mit gutem Beispiel voran und bekräftigte am Dienstag, dass er seinen heurigen Sommerurlaub im Inland verbringen werde.