Zwei Monate sind seit Beginn der Coronavirus-Epidemie in Italien vergangenen. Am 20. Februar wurde ein Infektionsherd in der Kleinstadt Codogno in der Provinz Lodi lokalisiert. Der "Patient 1", ein 38-Jähriger aus Codogno, wurde ins Spital eingeliefert. Zeitgleich starb in Vo Euganeo nahe Padua ein 78-Jähriger am Covid-19. Italien stürzte in einen Albtraum, der immer noch nicht zu Ende ist.
Nachdem zehn Gemeinden in der Provinz Lodi und Vo Euganeo zur Sperrzone erklärt wurden, rätselten die Behörden mehrere Tage lang über den besten Weg, mit der Seuche umzugehen. Dadurch ging kostbare Zeit verloren. Inzwischen brach ein neuer großer Infektionsherd in der Provinz Bergamo aus, die später mit tausenden Toten zum Epizentrum der gesamten Epidemie in Italien aufrückte. Daraufhin beschloss die Regierung von Premier Conte am 9. März, die gesamte Region Lombardei zur Sperrzone zu erklären.
Während hunderte Neuinfizierte die lombardischen Krankenhäuser bestürmten und an den Rand des Kollapses brachten, machten Bilder heldenhafter Ärzte und Krankenschwestern, die tagelang unermüdlich rund um die Uhr durcharbeiteten, die Runde in der ganzen Welt. Im Eiltempo bemühte sich die Lombardei, neue Betten auf den Intensivstationen bereitzustellen.
Im Mailänder Krankenhaus "Niguarda" wurden die Zahl der Betten in der akutesten Phase der Krise verdreifacht. Auf dem früheren Mailänder Messegelände wurde ein Covid-19-Krankenhaus eingerichtet. Hilfe kam auch aus dem Ausland. China, Russland, Kuba und andere Länder entsandten Gesundheitspersonal und Schutzmaterial zur Unterstützung des lombardischen Gesundheitssystems.
Während sich die Lage von Tag zu Tag verschlimmerte, kündigte Premier Conte die Ausdehnung des Lockdowns bis zum 3. April auf ganz Italien an. Geschlossen wurden Schulen, nicht lebenserhaltende Betriebe, alle Geschäfte mit Ausnahme von Supermärkten, Apotheken und Trafiken, sowie alle öffentlichen Lokale. Für 60 Millionen Italiener begann eine präzedenzlose Quarantäne, die sie in ihre Wohnungen verbannte. Der Lockdown wurde mittlerweile bis zum 3. Mai verlängert. Aus dem Haus darf man immer noch nur zum Einkaufen oder um dringende gesundheitliche Angelegenheiten zu erledigen. Parks und Grünanlagen sind geschlossen. Bei Verstößen gegen das Ausgangsverbot hageln saftige Strafen.
Nach zwei Monaten, in denen die Zahl der Todesopfer auf mehr als 23.000 gestiegen ist, beginnt Italien nun Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Die Zahl der Neuinfizierten wächst langsamer als in den vergangenen Wochen, der Druck auf die lombardischen Krankenhäuser hat nachgelassen. Eine der fünf Intensivstationen des Mailänder Krankenhauses "Niguarda" wurde geschlossen. Ärzte und Krankenpfleger feierten das Ereignis mit Champagner, Videos der kleinen Party wurden auf Facebook gepostet.
"Nach so viel Leid sehen wir endlich Signale der Normalisierung. Der Kampf ist noch nicht zu Ende, doch wir können es schaffen", sagte der Primar der Intensivstation des Krankenhauses Roberto Fumagalli im Gespräch mit der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera".
Angesichts der sinkenden Epidemiekurve blickt Italien jetzt hoffnungsvoll auf die "Phase 2" mit Auflockerung der strikten Ausgangssperre. Geprüft wird ein gestaffelter Neustart der produktiven Aktivitäten je nach Region. Priorität sollen Regionen mit weniger Todesopfern und Infektionsfällen in Mittel- und Süditalien haben.
Es gibt aber auch Stimmen gegen ein Ende des Lockdowns. Walter Ricciardi, Mitglied der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und Gesundheitsberater der italienischen Regierung, warnt etwa: "Es ist absolut zu früh, die Phase 2 einzuleiten. Einige Regionen Norditaliens befinden sich noch voll in der Phase 1 . Wir dürfen nicht voreilig handeln: Die Gefahr ist ansonsten, dass die Epidemie wieder explodiert", so Ricciardi.