Der Pressetermin heute um 11 Uhr trug den nüchternen Titel "Aktuelles im Bereich Kunst und Kultur sowie Veranstaltungen im Allgemeinen". Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek und Vizekanzler Werner Kogler erklären die Vorgehensweise in Corona-Zeiten.

Kogler sagte, dass nun weitere schrittweise Lockerungen und Öffnungen versucht werden könnten. Die Entwicklung der entsprechenden Zahlen und Kurven sei sehr erfreulich. Im Zwei- bis Drei-Wochen-Rhythmus müsse die Entwicklung der Coronainfektionen allerdings evaluiert werden. Mitte Mai, 1. Juni, 30. Juni und 31. August seien Stich-Daten.

Ab Mitte Mai könnten Museen öffnen. Ab 1. Juli werde die Situation allerdings kniffliger, sagte Kogler. Und: Es werde neben der Abfederung für Härtefälle auch an weiteren Fonds für den Kunst- und Kulturbereich gearbeitet, etwa für Non-Profit-Veranstalter und für Kulturvermittler,  kleine wie große Vereine. Man wolle in der Kunst- und Kulturszene jedenfalls niemanden zurücklassen.

Kunst- und Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek zur Zukunft des Kulturlebens 2020
Kunst- und Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek zur Zukunft des Kulturlebens 2020 © APA/HELMUT FOHRINGER

Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek erklärte dann, die Gesundheitskrise habe das kulturelle Leben zum Stillstand gebracht. Der Stillstand bedeute aber auch, dass Existenzen bedroht sind - 180.000 Personen im Kunst-, Kultur- und Kreativbereich seien betroffen. Es werde an konkreten Maßnahmen gearbeitet.

Die Galerien konnten schon jetzt mit den Geschäften öffnen, die Museen folgen Mitte Mai. Die Bundesmuseen hätten Lunacek gesagt, dass sie auf eigenen Wunsch erst Ende Juni wieder aufmachen wollen und die Zeit bis dahin unter anderem für Renovierungen nützen werden.

Mitte Mai öffnen auch Bibliotheken, Büchereien und Archive, Lesesäle allerdings nicht.

Bei den Veranstaltungen hofft man auf Anfang Juli, wenn die Infektionszahlen weiter hinuntergehen. Das werde Mitte Mai aber noch genauer erklärt. Denkbar wären etwa Freiluftkinos. Die Kinos insgesamt - Programmkinos wie große Kinos - werden erst frühestens Ende August wieder öffnen, auf eigenen Wunsch.

Im Profibereich sei die Arbeit in Werkstätten, Ateliers, Tonstudios, Fotostudios etc. schon jetzt möglich, unter Einhaltung sämtlicher Sicherungsvorkehrungen. Ab 18. Mai werden an Theatern  Einzelproben möglich sein. Ab 1. Juni wolle man auch Gruppenproben an Theatern und Musiktheatern freigeben - wenn alle Vorkehrungen getroffen und Verordnungen eingehalten werden.

Der 20-Quadratmeter-Abstand, der eingehalten werden müsse, sei nicht zuletzt für kleinere Theater eine besondere Herausforderung, sagte Lunacek, und das werde wahrscheinlich bis auf Weiteres vermutlich nicht funktionieren.

Im Amateurbereich bleibe es hingegen noch strenger, da bittet Kogler "noch um etwas Geduld": Für Chöre, Orchester, auch für die Blasmusik seien Proben bis auf Weiteres nicht möglich.

Schwierig sei der Bereich der Filmproduktion, sagte Lunacek, weil der Produktionsweg und dessen Länge komplex seien. Sie sei allerdings in engem Kontakt mit der Filmwirtschaft.

Die Proben an Kunstuniversitäten und Musikschulen müssen noch mit Minister Faßmann geklärt werden.

Open-air-Großevents, bei denen man eng beieinander steht, dürfen bis 31. August gar nicht stattfinden. Kogler nannte als Beispiele Stadtfeste, Rockfestivals oder das Donauinselfest.

Auf die Frage einer Journalistin zu den Salzburger und Bregenzer  Festspielen sagte Kogler, theoretisch möglich sei viel, praktisch vermutlich weniger. Denn selbst wenn die Festivals zugelassen werden würden, stellen sich die Fragen nach Praktikabilität (etwa bei der Saalbesetzung) und Rentabilität sowie den möglichen An- und Abreisen der internationalen Künstler. Zu Salzburg, das sich selbst Ende Mai eine Frist gesetzt hat, sagte der Vizekanzler, notfalls müsse man halt das 100-Jahr-Jubiläum erst 2021 feiern.

Auf die Frage eines Journalisten, was mit kleinen Veranstaltern im Sommer passiere, antwortete Kogler: "Ich kann Ihnen nichts Endgültiges verkünden." Indoor müssten immer die 20-Quadratmeter eingehalten werden, outdoor sei sicher mehr möglich. Aber Genaueres könne man erst Mitte Mai sagen.

Kommentar

Falls noch einmal jemand zum Kulturbereich „Nische“ sagen möchte: Die Direktiven, die Kunststaatssekretärin Ulrike Lunacek und Vizekanzler Werner Kogler für die nächsten Monate ausgaben, gelten für 180.000 Personen im Kunst-, Kultur- und Kreativbereich. Zum Vergleich: In Österreich gibt es 15.500 Beschäftigte in der Stahlindustrie und 35.200 in der Autoindustrie.

Freilich sind jetzt nicht alle 180.000 dabei professionell tätig, ganz viele ehrenamtlich, aber die Größenordnung führt vor Augen, wie viele Menschen gerade in diesem nun drastisch beschnittenen Bereich arbeiten. Ob einzelne Künstlerinnen und Künstler, Veranstalter oder Clubbesitzer, Kleingalerien und Laienbühnen, Stadtkinos und Landesmuseen, Chöre, Blaskapellen und Orchester, Eventmanagements, Kulturvermittlungen oder die Staatsoper, alle leiden unter der Paralyse.

Dass alle weiterhin in ihren Kreativfeldern arbeiten wollen, und das möglichst rasch wieder, ist logisch. Aber so leidenschaftlich man vielerorts immer noch an die baldige Chance auf Rückkehr zur Normalität glaubt und so sehr das die Regierung mit sukzessiven Lockerung der Bestimmungen unterstützen will: Es gibt die normative Kraft des Faktischen – und die ist bei dem von uns allen unterschätzten Coronavirus viel höher, als wir es wahrhaben wollen.

Und selbst wenn es mit Anfang Juni wie durch ein Wunder zur Aufhebung der meisten Einschränkungen kommen sollte: Man muss kein Pessimist sein, um auch die letzten Dominosteine – Salzburger und Bregenzer Festspiele, styriarte und Carinthischer Sommer - fallen zu sehen. Oder kann sich jemand vorstellen, in freudiger Erwartung auf Mozart oder Handke, auf Symphonie oder Kirchenoper, auf Teodor Currentzis oder Jordi Savall mit Schutzmaske durch eine Desinfektionsschleuse in einen Saal zu gehen, wo alle fünf Sitze ein Zuhörer Platz nehmen darf? Und dass wir danach im Restaurant mit einen Meter Abstand lustvoll anstoßen werden auf das wunderbare Ereignis, während in – sagen wir Syrien, Usbekistan, Angola – gerade Corona mehr wütet als anderswo zuvor?

Ja, wir sind vor schwierige gesundheitliche, künstlerische und wirtschaftliche Fragen gestellt, aber auch vor atmosphärische und letztlich moralische. Es kommen bessere Tage, auch zum Hören, Sehen, Staunen, Klatschen, Jubeln, Feiern.