Viele fürchten jetzt eine Inflation, Prognosen sagen aber sogar geringere Preissteigerung voraus, wie erklären Sie die?
MARTIN KOCHER: Für die nähere Zukunft erwarten wir ein Sinken des Preisniveaus. Das ist klar, weil natürlich die Nachfrage zurückgehen wird, auch wenn die Einschränkungen zurückgenommen werden. Auch der Erdölpreis sinkt, das führt zu geringer Inflationserwartung.

Der Internationale Währungsfonds sieht 2020 für Österreich nur mehr 0,4 Prozent Inflation. Das liegt deutlich unter den 1,5 Prozent im Vorjahr.
Das halte ich für eine sehr zurückhaltende Prognose. unsere Prognose des IHS liegt schon etwas über einem Prozent. Viel wird davon abhängen, wie sich die Energiepreise entwickeln.

Auch 2021 sagt der IWF uns nur 1,7 Prozent Inflation voraus. Ist das bei den Milliarden, die EZB und Staaten in die Wirtschaft pumpen, auf Dauer realistisch?
Im Aufholjahr 2021 schon, auf Dauer würde ich nicht sagen. Wenn so viel Geld ausgegeben wird, um die Krise zu bekämpfen, werden langfristig die Preise steigen und sich die von der EZB erhöhte Geldmenge auswirken. In wie viel Jahren, kann niemand sagen. Es könnten dann auch die Zinsen wieder steigen.

Und wenn es das EU-Inflationsziel von 2,0 Prozent überschießen sollte?
Ende der 70er-Jahre hatten wir als Folge der Erdölkrise eine Phase der Stagflation, also gleichzeitige wirtschaftliche Stagnation und Inflation. Das sollten wir unbedingt vermeiden.