MICHAEL FLEISCHHACKER: In der Frage, ob Österreich in der Coronakrise alles richtig gemacht hat, stecken mehrere Fragen und alle Antworten. Die Fragen: Wer ist eigentlich Österreich? Was genau ist eigentlich die Coronakrise? Und was heißt richtig? Österreich ist offensichtlich derzeit Sebastian Kurz. Ich habe ungefähr einen Überblick über die Literatur zum Thema Politik, Krise und Ausnahmezustand, aber die derzeit hierzulande praktizierte Form des ministrantischen Gauchotums ist mir dabei noch nicht untergekommen. Die Coronakrise scheint mir in erster Linie eine Krise der hysterisierten Öffentlichkeit und des stillgelegten wissenschaftlichen Diskurses zu sein. Und was in einer solchen Situation richtig ist, wird man erst später wissen. Weltweit, und in Österreich sowieso, weil wir ja keine Daten haben – die brauchen wir auch gar nicht, weil unser geliebter Bundeskanzler ohnehin weiß, was er will.
ARMIN THURNHER: Wenn Sie das sagen, lieber Fleischhacker! Ich halte mich diesbezüglich so sehr zurück, dass die Zügel bereits durchgewetzt aussehen. Ich weiß nicht, ob der wissenschaftliche Diskurs stillgelegt ist. Öffentliche Hysterie – diese Diagnose teile ich. Sie hat aber wohl damit zu tun, dass wir nicht imstande sind, mit Daten umzugehen, ob wir welche haben oder nicht. Ich meine ja, dass die von Ihnen sonst weniger geschätzte deutsche Kanzlerin Angela Merkel einen ganz anderen Ton im öffentlichen Umgang anschlägt als unsere Exekutivdemokraten. Gaucho, das sind doch die Cowboys Lateinamerikas, also des Kontinents weniger gefestigter Rechtsstaaten? Wir haben eher ein Slim-Suit-Herrenquartett, so eine Art Corona-Harmonists. Aber richtig, der Tonfall ist nicht schmelzend, sondern knallhart (Kurz, Nehammer) gemischt mit sanft (Anschober, Faßmann).