Das heimische Kulturleben wird bis mindestens Ende Juni brach liegen, so die Regierungsspitze bei ihrer heutigen Pressekonferenz. Ob danach aufgesperrt werden darf, wird fortlaufend evaluiert. Ob und wie es für Veranstaltungen in den Sommermonaten aussieht, ist völlig unklar, so auch Bundeskanzler Sebastian Kurz bei einer Pressekonferenz: "All das kann aus heutiger Sicht nicht bewertet werden."
Für das heimische Kulturleben eine dramatische Botschaft, denn die Planungssicherheit über den Juni hinaus ist aufgrund einer permanenten Evaluierungsphase so nicht gegeben. Das macht generell die kulturelle Planung für das gesamte restliche Jahr in allen Bereichen mehr als nur schwierig bis unmöglich.
Festivals die bis zuletzt gehofft hatten, darunter die Pfingstfestspiele in Salzburg und die Wiener Festwochen, finden in diesem Jahr nicht statt. Cecilia Bartoli, Intendantin in Salzburg, wandte sich in einer Aussendung an ihre Fans und die des Festivals: "
Liebe Freunde,
es tut mir unendlich leid, dass wir aufgrund der gegenwärtigen Situation gezwungen sind, die diesjährigen Pfingstfestspiele in Salzburg abzusagen!
Ich hatte mich so darauf gefreut, die Proben mit dem fantastischen Salzburger Team und meinen Künstlerkollegen aufzunehmen und unser treues Publikum und Freunde zu treffen, die jedes Jahr nach Salzburg kommen – genau wie die, die dieses Jahr zum ersten Mal dabei sein wollten!
Diese Entscheidung bricht mir das Herz, aber eines ist klar – Gesundheit geht vor! Es ist außer Frage, dass wir, unsere gesamte Gesellschaft, zusammenhalten müssen, um uns und unsere Lieben zu schützen. Es sind schwierige Zeiten für uns alle, aber ich bin sicher, dass die Kraft der Musik uns helfen wird, dies zu überstehen.
Zusammen mit dem Direktorium der Salzburger Festspiele sind wir jetzt schon dabei, an einer spannenden Zukunft zu arbeiten, und ich freue mich darauf, Sie alle sobald wie möglich wiederzusehen! Bis dahin passen Sie gut auf sich auf, bleiben Sie gesund und stark!
Ihre Cecilia Bartoli
Von den Wiener Festwochen heß es in einer Stellungnahme: "Wir arbeiten weiterhin an alternativen Optionen und wünschen uns sehr, dass zumindest Teile des Festivals das kulturelle Programm der Stadt noch 2020 bereichern werden", hieß es in einer Stellungnahme. Man führe derzeit mit einzelnen Produktionen "intensive Gespräche" darüber, ob sie zu einem späteren Zeitpunkt des Jahres gezeigt werden können, sagte eine Sprecherin zur Austria Presse Agentur.
Dass das Festival zumindest nicht in der geplanten Form stattfinden können wird, stand bereits Ende März fest. Es bleibe "keine andere Wahl als das Festival, das wir realisieren wollten, in Frage zu stellen und neu zu erfinden", wurde Intendant Christophe Slagmuylder damals in einer Aussendung zitiert.
Auch das erste große Musikfestival der Saison, das Nova Rock (10. -13.06.2020) ist abgesagt: "Wir stehen als Veranstalter selbstverständlich zu 100 Prozent hinter diesem Entschluss der Regierung, obwohl wir uns diese Entscheidung schon deutlich früher gewünscht hätten", hieß es in einer Stellungnahme der Veranstalter. Es sei "natürlich sehr schade", doch es handle sich um eine Situation, die man aufgrund der bestehenden Lage verstehe und "vollends" mittrage."Gebt uns bitte nun Zeit, um hier einmal alles zu ordnen und euch so schnell wie möglich mit weiteren Informationen zu versorgen", hieß es weiter.
Auch das Grazer Springfestival (10. bis 14. Juni) fällt in diesen vorgegebenen Zeitraum. Eine Absage ist für Erwin Hauser vom Festivalteam keine Option: "Wir werden jetzt das Festival auf den Herbst verschieben. Wann genau und in welcher Form das Festival stattfinden wird, hängt natürlich von den laufenden Entwicklungen ab". Das betrifft auch die Frage, welche Künstler im Herbst mit an Bord sein werden. Auch, wie die Veranstaltung grundsätzlich ablaufen wird: "Wir sind ja auch ein Clubfestival, was das Ganze natürlich erschweren wird." Ein Punkt ist Hauser aber wichtig: "Wir haben zu rund 60 Prozent lokale Künstler und wir versuchen unsere Community am Leben zu erhalten." Eine Absage sei schon deshalb keine Option. "Uns ist wichtig, dass wir auch als Kulturveranstalter in einer Zeit, wo sich die Rahmenbedingungen ändern, nicht ans Aufgeben denken, sondern an die Veränderung."
Unklar ist es für Festivals wie etwa die "styriarte", die zwar Mitte Juni beginnt, aber bis Mitte Juli dauert. Mathis Huber, der schon sein Osterfestival Psalm auf 2021 verschieben und nun auch die restlichen Saisonkonzerte des Orchesters recreation absagen musste, betonte in einer Aussendung aber: "Die styriarte 2020, „Geschenke der Nacht“, wird nicht pauschal der Krise geopfert. Auch hier gilt natürlich, dass bis Ende Juni 2020 keine Veranstaltungen im klassischen Sinn angeboten werden können, und danach ist wohl auch keine plötzliche Öffnung zu erwarten. Wir werden aber alternative Wege entwickeln, mit unserer Kunst zum Publikum zu kommen, und wir werden versuchen, einen möglichst großen Teil unserer schönen Inhalte und unserer wunderbaren Musik zur Aufführung zu bringen. Geben Sie uns bitte Zeit bis Ende Mai. Wir werden unserem Publikum dann ein neues Angebot zur styriarte 2020, „Geschenke der Nacht“ unterbreiten, das so viel wie möglich vom alten Angebot rettet und neu formatiert, und das die dann aktuellen Spielbedingungen berücksichtigen wird und natürlich keinesfalls den Kampf gegen das Virus beeinträchtigen will. Wer darauf nicht warten möchte, dem erstatten wir natürlich die Kartengelder für Veranstaltungen bis Ende Juni 2020 auf Anforderung zurück".
Auch in Kärnten sind zahlreiche Kulturveranstaltungen von den verlängerten Maßnahmen betroffen, darunter das Klagenfurt Festival (hätte Ende Mai zum ersten Mal stattfinden sollen), die Internationalen Musikwochen Millstatt und der Kultursommer St. Paul. Der Carinthische Sommer, der zwar erst im Juli beginnt, könnte mit ein paar Auftaktveranstaltungen im Vorfeld betroffen sein.
Noch ist unklar, wie es etwa mit Museen aussieht oder auch, ob Kinos unter bestimmten Auflagen früher aufgesperrt werden dürfen. Immerhin darf der gesamte Handel bereits mit Anfang Mai zur Gänze wieder aufsperren.
"Es kommt nicht unerwartet und schafft die traurige Gewissheit, dass diese Saison zu Ende ist." So reagierte der Geschäftsführer der Bundestheater-Holding, Christian Kircher, gegenüber der Austria Presse Agentur auf die Bekanntgabe, dass Veranstaltungen bis Ende Juni untersagt bleiben. "Für uns ist es nun extrem wichtig zu klären, in welcher Form wir im Juni proben können." In den einzelnen Bühnengesellschaften wird geprüft, welche der nun entfallenden Produktionen in der kommenden Spielzeit nachgeholt werden können.
Insgesamt rechne Kircher aber mit keinen großen Verzögerungen bei der Bekanntgabe der Saisonvorhaben für 2020/21. Der Verlust an Karteneinnahmen vom Beginn des Shutdown am 10. März bis Ende Juni betrage etwas über 20 Millionen Euro, dazu käme der Entfall von Einnahmen von Vermietungen, wohingegen sich die Lohnkosten durch die angemeldete Kurzarbeit reduzieren würden.
Zahlreiche Großkonzerte sind in den kommenden Wochen also abgesagt, darunter Pet Shop Boys (12. Mai, Wien), Dua Lipa (19. Mai) oder auch Rammstein (25. Mai Klagenfurt), Céline Dion (15. Juni, Wien). Ob große Konzerte im Juli, darunter die Toten Hosen (Wien und Graz), Pearl Jam (Wien) oder Iron Maiden (Wiener Neustadt) stattfinden, ist wohl mehr als fraglich. Somit hängen auch diverse Veranstalter des heurigen Festivalsommers mit Großveranstaltungen wie Clam Rock (3. Juli), Lovely Days (4. Juli), Electric Nation (1. August) oder Frequency (20. bis 22. August) in der Luft.