Vor der dritten Sondersitzung des Nationalrats seit Ausbruch der Coronavirus-Epidemie in Österreich erhöht die Opposition den Druck auf die Regierung. Sie zeigt sich weiter kooperativ, aber zunehmend kritisch. Und sie fordert mehr Einbindung und die Berücksichtigung der eigenen Vorschläge.

Am 10.30 Uhr präsentierten heute zeitgleich FPÖ-Chef Norbert Hofer und SPÖ-Klub-Chef Jörg Leichtfried ihre Positonen. Um 12.30 Uhr treten Neos-Klubobfrau Meinl-Reisinger und  Wirtschaftssprecher Schellhorn vor die Presse.

Die NEOS kritisieren den Umgang mit Gesundheitsdaten in der Corona-Krise. Für Obfrau Beate Meinl-Reisinger ist der Zugriff durch den Staat "hochproblematisch". Die Einschränkungen im Kampf gegen die Pandemie befürworten die NEOS zwar weiterhin, sehen aber grobe Versäumnisse bei der Hilfe für Unternehmen und im Bildungsbereich. Von der Regierung erwartet sich Meinl-Reisinger "Prioritätensetzung".

Die SPÖ wird in der morgigen Nationalratssitzung zahlreiche Anträge einbringen. Die Sozialdemokraten fordern unter anderem einen Krisenüberbrückungsfonds für Arbeitnehmer analog zum Härtefonds für Unternehmer, eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes, Gesetze gegen Wucher und ein Verbot von Boni- und Dividenden-Zahlungen, wie Vizeklubobmann Jörg Leichtfried bei der Pressekonferenz erklärte.

Fokus auf Arbeitnehmern

Man wolle alles tun, um die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise abzufedern. Der Fokus der SPÖ liegt dabei auf Arbeitnehmern und kleinen Unternehmen, die in einer ähnlichen Situation seien wie arbeitslos gewordene Arbeitnehmer. Angesichts der horrenden Arbeitslosenzahlen sei die "Finanzkrise im Vergleich zu jetzt extrem harmlos abgelaufen", so Leichtfried. Die SPÖ fordert daher eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent des letzten Nettoeinkommens bis die Krise vorbei ist. Die Kosten für diese Maßnahme habe man noch nicht ganz exakt berechnet, sagte der Vizeklubchef auf Nachfrage. Derzeit beträgt das Arbeitslosengeld 55 Prozent des letzten Nettoeinkommens und ist damit im internationalen Vergleich eher niedrig.

Für Menschen, die keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, weil sie etwa zu kurz gearbeitet haben oder nur geringfügig beschäftigt waren, verlangt die SPÖ die Einrichtung eines Krisenüberbrückungsfonds analog zum Härtefonds für Unternehmer. Der Fonds soll mit einer Mrd. Euro dotiert sein, die daraus ausbezahlten Hilfen müssten nicht zurückgezahlt werden. Stundungen bei Mieten und Strom alleine würden nicht helfen, weil sie irgendwann bezahlt werden müssen, erklärte Leichtfried die Notwendigkeit eines solchen Fonds für Härtefälle.

Härtefonds

Weiters sollen nach den Vorstellungen der SPÖ auch der Härtefonds für die Unternehmen erhöht werden und Auszahlungen von Managerboni 2020 und 2021 sowie Dividendenausschüttungen 2020 verboten werden. Dieses Verbot soll nicht freiwillig sein, sondern gesetzlich vorgeschrieben werden. "Denn es kann nicht sein, dass nur die Arbeitnehmer die Folgen der Krise zahlen", so Leichtfried.

Im Visier der SPÖ sind auch Wucherpreise. Manche nützen die Krise und verkaufen Desinfektionsmittel und andere Dinge zu horrenden Preisen. Dagegen wolle man mit Preisobergrenzen gesetzlich vorgehen, forderte Leichtfried.

Die Gesetzesvorschläge der Regierung trägt die SPÖ zwar zu einem Großteil mit, aber sie verlangt eine bessere Einbindung der Opposition seitens der türkis-grünen Koalition. Und die SPÖ übt weiterhin scharfe Kritik an Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), weil sie die Bundesgärten für die Wiener Bevölkerung nicht öffnen will. Die Roten werden einen entsprechenden Antrag stellen.

Mehr Fragen als Antworten

Parteiobmann Norbert Hofer beklagte, dass es etwa bei der Bildung mehr Fragen als Antworten gebe. Weiters kritisierte er die Corona-Sammelgesetze der Regierung, durch die man gezwungen sei, ungeliebte Maßnahmen mitzutragen. Minister Rudolf Anschober (Grüne) warf die FPÖ totales Versagen in der Causa Tirol vor.

FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz sprach bei einer Pressekonferenz von der "größten Vertuschungsaktion" der gesamten Coronakrise. Der sogenannte "Schulterschluss der Regierung" diene lediglich der Vertuschung von Versäumnissen, beklagte er.

Zu langsam

Die Hilfsleistungen der Regierung für die Unternehmen laufen für die NEOS zu bürokratisch und zu langsam. Zudem herrsche oft Unklarheit, wer nun Ansprechstelle für die jeweilige Hilfe sei. Auch Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn versteht die "chaotischen Verhältnisse" nicht, zumal die Regierung ständig nachbessern müsse. Zudem habe man von einer neu gegründeten Abwicklungsgesellschaft erfahren, die unter der Staatsholding ÖBAG angesiedelt sei.

NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre verlangt wiederum mehr Klarheit für Österreichs Schülerinnen und Schüler.