Es ist zynisch, Corona als „Chance“ zu bezeichnen. Trotz der Hilfen der Bundesregierung stellt diese Krise für Hunderttausende, die beruflich „vom Markt“ abhängig sind, eine Katastrophe dar. Corona & Matura? Letztere ist seit Jahren in der Krise. Der Grundrechnungsarten und des sinnerfassenden Lesens nicht mächtige Maturanten, die Klagen der Universitäten darüber, der schleichende Verlust der Bedeutung der Matura als generelle Studienberechtigung – all dies zwingt dazu, die Matura in ihren derzeitigen Ausprägungen zu überdenken.
Historiker sagen, dass die Millionen Todesopfer verursachende „Spanische Grippe“ 1920 deswegen in immer neuen Wellen hat wüten können, weil die sinnvollen Maßnahmen – Quarantäne, Schließung von Schulen, Veranstaltungsverbote – jeweils viel zu früh, nämlich bei den ersten Anzeichen einer Entspannung gemildert worden sind. Die Folge war ein verheerendes, alle Weltgegenden erfassendes grippales „Perpetuum mobile“.
Diese Fehler werden die heute Verantwortlichen nicht begehen! Für die Matura 2020 bedeutet dies, dass sie in sinnvoller Form in absehbarer Zeit vermutlich nicht wird stattfinden können. Optimal wäre es, dem Rat jener schulpraktisch orientierten Experten zu folgen, die eine „Krisenmatura“ vorschlagen, die vollständig auf Prüfungen verzichtet, sondern ein Maturazeugnis vorsieht, das verantwortungsbewusst aus den Lernergebnissen der vorletzten Klasse und des im Februar 2019 zu Ende gegangenen Semesters komponiert ist.
Die relative Entspannung, die diese Regelung mit sich bringen könnte, wäre eine spürbare Entlastung für Tausende Maturanten, Eltern und Lehrer, die ohnehin in anderen Lebensbereichen in den kommenden Monaten nie dagewesenen Herausforderungen gerecht werden müssen. Die positive Stärke des Individuums im Erkennen und Tun, sein optimales soziales „Funktionieren“ im Team, der optimistische Umgang mit Neuem – das sollten die Inhalte einer postcoronalen Matura sein! Denken wir in der gewonnenen Zeit darüber nach!
Ernst Smole