Forscher deutscher Universitäten arbeiten am Aufbau eines zeithistorischen Archivs zur Corona-Pandemie. Mit der Unterstützung von Freiwilligen solle eine möglichst umfassende Sammlung von Dokumenten und Eindrücken des Lebens während der Krise angelegt werden, teilten die Organisatoren der Hochschulen Hamburg, Gießen und Bochum am Donnerstag mit.
Ziel des Projekts sei es, künftigen Expertengenerationen das Material zur Erforschung der Ereignisse des Jahres 2020 zu liefern. Das "coronarchiv" ist demnach als Internetbibliothek konzipiert und soll aus Texten, Fotos, Social-Media-Beiträgen und Videos bestehen, die verschiedene Aspekte des Krisenalltags aus unterschiedlichsten Blickwinkeln abbilden. "So schnell diese Zeitzeugnisse entstehen, so schnell können sie auch wieder verschwinden", erklärte Benjamin Roers von der Universität Gießen und einer der Initiatoren des Projekts.
Demnach kann jeder Interessierte seine Beobachtungen hochladen, die zusätzlich mit Metadaten wie dem Entstehungsort und der -zeit für die künftige Analyse versehen werden. Gesucht werden nach Angaben der Organisatoren auch freiwillige Archivare, die in ihrem Umfeld aktiv etwa Plakate dokumentieren und bei der Bearbeitung der Einsendungen helfen. "Es entsteht eine zentrale Anlaufstelle zur Dokumentation der Gegenwart", betonte Thorsten Logge, Organisator von der Hamburger Universität.
Mit ihrem "coronarchiv" ziehen die beteiligten Zeithistoriker und Kulturwissenschafter nach eigenen Angaben auch die Konsequenzen aus der lückenhaften Dokumentation vieler früherer historischer Krisen. Die Aufzeichnungen darüber sind meist selektiv und unausgewogen, weil die Alltagserlebnisse und Sichtweisen bestimmter Bevölkerungsgruppen kaum festgehalten wurden. So wurden Tagebücher, die Forschern oft als Quelle dienen, meist nur von Gebildeteren und Wohlhabenderen geführt.