Die Regierung hat ein Maßnahmenpaket für die Pflege geschnürt. Es sollen 100 Mio. Euro bereitgestellt werden, um "Notsituationen" abzuwenden, sagten Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Zivildienstministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) am Dienstag. Die Regierung versucht einen Pflegenotstand abzuwenden, indem die Länder weitere stationäre Plätze schaffen und mobile Dienste verstärken.
Tausende Pflegekräfte aus dem Ausland fallen weg
Aufgrund der Einreisebeschränkungen werden tausende Pflegekräfte aus dem Ausland wegfallen. Wie viele das sein werden, lässt sich offenbar noch nicht abschätzen. In Kooperation mit den Ländern habe man ein Konzept aufgestellt, "um Notsituationen zu bewältigen und damit niemand allein gelassen wird", sagte Anschober.
Betroffen sind potenziell Hunderttausende. Derzeit gibt es 460.000 Pflegegeldbezieher. 100.000 werden stationär versorgt, 153.000 über mobile Dienste, 175.000 werden zuhause gepflegt, 33.000 beziehen eine 24-Stunden-Betreuung. "Das ist eine Herausforderung", so Anschober. Man habe ein Maßnahmenpaket geschnürt für Ersatzbetreuungsangebote, es werde aber "nicht möglich sein, in allen Fällen die bestehende Pflege aufrechtzuerhalten". "Das Ziel ist, Notsituationen abzuwenden und niemanden allein zu lassen."
Konkret werden bestehende Reserven in der stationäre Pflege ausgebaut und neue Kapazitäten in Kur- und Rehakliniken aufgebaut. Die mobilen Dienste werden ausgebaut und Zivildiener zur Verstärkung herangezogen, wobei letzte nur für die Basisversorgung herangezogen werden und keine ausgebildeten Pflegekräfte ersetzten können. Diverse Richtlinien und Vorschriften werden flexibilisiert und gelockert.
Rund 1.500 Zivildiener, die Ende März fertig wären, werden um drei Monate verlängert bzw. versetzt. Zivildiener in Einrichtungen, die geschlossen sind oder keinen Bedarf haben, werden in Einrichtungen versetzt, wo Unterstützung gebraucht wird.
3.500 Zivildiener zusätzlich ab 1. April
Zusätzlich haben sich 2.000 Freiwillige ehemalige Zivildiener gemeldet. Mit diesen drei Maßnahmen stehen mit 1. April rund 3.500 Zivildiener zusätzlich zur Verfügung. Gemeinsam mit den über 11.100 Zivildienern, die derzeit ordentlichen Dienst leisten, sind das rund 14.600 Zivildiener, rechnete Köstinger vor. Einrichtungen und Personen, die Unterstützung brauchen, müssen ihren Bedarf an Zivildienern bei der jeweiligen Landesstelle des Roten Kreuzes melden.
"Die Situation im Pflege-Bereich verschärft sich täglich. Wir unterstützen die ausgebildeten Pflegekräfte und hauptamtlichen Betreuer durch einen 'Assistenzeinsatz' unserer außerordentlichen Zivildiener", so Köstinger.
"Aber es wird der Tag X kommen"
Wie viele Betreuungskräfte aus dem Ausland wegfallen werden, weiß man offenbar noch nicht ganz genau. Derzeit sei der "überwiegende Teil noch da", sagte Anschober, "aber es wird der Tag X kommen". Die Regierung rechnet damit, dass viele nach Hause fahren werden. Wie viele aus dem Ausland nach Österreich kommen werden, ist noch ungeklärt.
Derzeit sehr unterschiedliche Einreisebedingungen
Wie kompliziert die Lage ist, zeigte eine Aufzählung Anschobers, wonach Arbeitskräfte aus Rumänien nicht kommen können, weil sie in Ungarn nicht durchkommen. Bulgaren können mit dem Flugzeug kommen, Kroaten können über Slowenien einreisen, wenn sie dort keinen Zwischenstopp machen. Ungarn können einreisen. "Es ist sehr unterschiedlich und für die Betroffenen sehr verwirrend", so Anschober. Das Außenministerium arbeite aber daran, Ausnahmeregelungen zu schaffen.
Die Hilfsorganisationen begrüßen die Maßnahmen der Regierung im Bereich der Pflege in Anbetracht der Coronavirus-Pandemie. Es sei "gut und richtig, dass in dieser Notsituation Mittel zur Verfügung gestellt werden", sagte etwa Caritas-Generalsekretär Bernd Wachter gegenüber der APA. Auch Diakonie, Hilfswerk und Volkshilfe zeigten sich erfreut, forderten teils aber noch weitere Schritte.
Der Österreichische Pensionistenverband war ebenfalls zufrieden. Präsident Peter Kostelka bewertete das angekündigte Maßnahmenpaket äußerst positiv. "Niemand, der Pflege und Betreuung bedarf, darf jetzt im Stich gelassen werden", sagte er in einer kurzen Mitteilung.