Groß war am Wochenende in Regierungskreisen und darüber hinaus die Aufregung über die sonderbare Diskrepanz zwischen den offiziellen und den inoffiziellen Corona-Toten in Österreich. So listete das Gesundheitsministerium am Samstag auf seiner Homepage acht Todesopfer auf, obwohl die neun Landessanitätsdirektionen 16 Tote vermeldet hatten. Wird bei den Zahlen getrickst? Wenden Bund und Länder unterschiedliche Obduktionsstandards an? Lag es am Großrechner?

Statistik bereinigt

Am Sonntag wurde die Statistik bereinigt, angeblich hatten nicht alle Länder ihre Daten rechtzeitig nach Wien geschickt. Bisher sind 21 Personen (Stand Montag 15 Uhr) in Österreich an den Folgen einer Corona-Erkrankung verstorben. Was ist überhaupt von den Zahlen zu halten? Im Gesundheitsministerium legt man großen Wert auf die Feststellung, dass man „transparent, zeitnah und objektiv“ über die Ausbreitung der Seuche berichte. Das geschieht denn auch in zweierlei Form: Auf der Homepage wird zweimal täglich (meist um 8 Uhr und 15 Uhr) der jeweilige Zwischenstand veröffentlicht (Zahl der Testungen, der bestätigten Fälle, der genesenen Personen, der Todesfälle).

Ungleich dynamischer, informativer, aussagekräftiger ist die virtuelle Homepage (info.gesundheitsministerium.at), die viertel- oder halbstündlich aktualisiert wird und auch Altersstruktur und die regionale Verteilung der Infizierten ausweist. Anzahl der Toten gibt es keine. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums bedienen sich Bund und Länder ein- und desselben Zahlenmaterials – aus einem simplen Grund: Es sind die Länder, also die Sanitätsdirektionen, die Bezirksbehörden, die Amtsärzte, die den Zentralrechner mit Zahlen füttern. Differenzen gebe es nur, heißt es, wenn die Länder zeitverzögert einmelden – und in einem zweiten Fall: Der Bund nimmt eine Einstufung der Todesfälle nach Hauptwohnsitz vor. Wenn ein Salzburger in Innsbruck verstirbt, wird er allerdings von den Tirolern als Tiroler Todesfall eingestuft, vom Bund als Salzburger.

Hohe Dunkelziffer

Offen ist allerdings, wie aussagekräftig die Zahlen sind. Über das Ausmaß der Dunkelziffer sind Virologen unterschiedlichster Meinung. Da nicht flächendeckend getestet wird, sind Anschobers Behauptung, er orte eine leichte Abflachung der Zuwachsrate, mit Vorsicht zu genießen. Niki Popper, Simulationsexperte der Taskforce, wartet hingegen im ORF mit einer überraschenden These auf: „Eine hohe Dunkelziffer ist keine schlechte Nachricht. Wenn bei einer höheren Zahl der Infizierten nach wie vor wenig Erkrankte in den Spitälern oder auf den Intensivstationen liegen, ist es ein gutes Zeichen, dass das Gesundheitswesen die Situation derzeit im Griff hat.“

Von den 4375 Erkrankten lagen tatsächlich 143 im Spital und 15 auf der Intensivstation – Stand 18 Uhr. Welche Entwicklung Covid-19 in Österreich nimmt, kann derzeit niemand prognostizieren.