Italien hatte am Donnerstag insgesamt mehr Todesfälle als China gemeldet und ist damit das Land mit den meisten Toten wegen des Coronavirus auf der Welt. In der Lombardei, die von der Coronavirus-Epidemie am stärksten betroffene Region Italiens, stieg die Zahl der Todesopfer auf 2549, das sind rund 381 mehr als am Donnerstag. Die Zahl der Infizierten lag in der Lombardei nun bei 22.264.
"Wir erleben weiterhin kontinuierliche Steigerungen bei der Zahl der Todesopfer und der Infizierten", sagte der lombardische Gesundheitsbeauftragte Giulio Gallera. Vor genau einem Monat - am 20. Februar - sei der erste Covid-19-Infektionsfall in der norditalienischen Region gemeldet worden. "In einem Monat hat sich unser Leben tiefgreifend geändert. Wir Bürger haben einige Zeit gebraucht, um zu begreifen, was man gegen die Epidemie tun musste, während das Gesundheitswesen sofort mit unglaublicher Stärke reagiert hat", schrieb Gallera auf Facebook.
Zivilschutzchef Angelo Borrelli rief die Italiener zu Geduld auf. Der Höhepunkt der Epidemie sei noch nicht erreicht. Noch zwei Wochen könnte es dauern, bis die akuteste Phase der Seuche vorbei sei. Außenminister Luigi Di Maio bekräftigte seinen Aufruf an die Italiener, zu Hause zu bleiben. "Ansonsten sind wir gezwungen, noch drastischere Maßnahmen einzuführen", drohte Di Maio.
Es wird erwartet, dass die Regierung in Kürze die Ausgangssperre verschärft, wie es der lombardische Präsident Attilio Fontana mit Nachdruck fordert. In den kommenden 24 bis 48 Stunden seien neue Einschränkungen möglich, sagte der für die Regionen zuständige Minister Francesco Boccia. Unter anderem nannte er die Möglichkeit, alle Aktivitäten im Freien zu verbieten.
Die Polizei in Rom wird ab Samstag Straßensperren errrichten und alle Fahrzeuge auf den Straßen der Stadt kontrollieren. Die Autos werden nicht mehr nur stichprobenartig wie derzeit kontrolliert. Damit will die Polizei sicher sein, dass nur Personen aus beruflichen, oder dringenden Gründen mit ihrem Fahrzeug in der Stadt unterwegs sind. Auch Personen zu Fuß sollen in Rom verstärkt kontrolliert werden, hieß es in einer Anordnung der römischen Polizei. Der Zugang zu weiten Teilen der Küste von Pomezia bis Anzio südlich von Rom wurde gesperrt. Die Maßnahmen wurden von der römischen Bürgermeisterin Virginia Raggi aus Sorge ergriffen, die sonnenhungrigen Römer könnten das schöne Wetter am Wochenende für Ausflüge nutzen.
Auch die Lombardei will noch schärfere Maßnahmen ergreifen, um die Zahl der Menschen auf den Straßen und in den öffentlichen Verkehrsmitteln zu reduzieren. Der lombardische Präsident sprach sich für einen kompletten Stopp von Sport im Freien aus. Alle Büros und Baustellen sollen geschlossen werden, um eine Verbreitung der Epidemie zu verhindern. Auch der öffentliche Verkehr soll weiterhin heruntergefahren werden.
114 Soldaten sind in Mailand im Einsatz, um zu kontrollieren, dass die Ausgangssperre eingehalten wird. Die Zahl der Militärs sei jedoch für die Bedürfnisse der lombardischen Metropole unzulänglich, beklagte Fontana.