Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rät Menschen bei Verdacht auf eine Infektion mit dem neuen Coronavirus davon ab,ohne ärztlichen Rat das Medikament Ibuprofen einzunehmen. Es gebe zwar keine neuen Studien, aus denen hervorgehe, dass Ibuprofen mit höher Sterblichkeit verbunden sei, sagte WHO-Sprecher Christian Lindmeier. Aber die Experten prüften die Lage zur Zeit.
"Wir raten, im Verdachtsfall Paracetamol und nicht Ibuprofen einzunehmen", sagte Lindmeier. Dies beziehe sich ausschließlich auf die Einnahme ohne ärztlichen Rat, betonte er.
Situation in Frankreich
Der französische Gesundheitsminister hatte am Wochenende mit einem Tweet, in dem er vor Entzündungshemmern wie Ibuprofen warnte, Aufsehen erregt. Der nationale Gesundheitsdirektor Jérôme Salomon hatte sich ähnlich geäußert und von der Einnahme sogenannter nichtsteroidaler Antirheumatika (NSAR) abgeraten. Zu dieser Wirkstoffgruppe zählen neben Ibuprofen auch Acetylsalicylsäure (ASS; Aspirin) und Diclofenac. Es gibt einen Beitrag im Fachjournal "Lancet", in dem eine mögliche unerwünschte Wirkung von Ibuprofen erwähnt wird.
In Frankreich steht Ibuprofen seit 15. Jänner nicht mehr frei vorne in der Apotheke, sondern nur noch hinter dem Schalter. Die Apotheker verkaufen es weitgehend ohne Rezept. Damit soll jedoch eine entsprechende Beratung sichergestellt sein.
Der Hintergrund
Seit einiger Zeit geht eine Sprachnachricht via WhatsApp um: Darin behauptet eine Frau, sie habe von einer Freundin, die an der "Uniklinik Wien" arbeitet, erfahren, dass die Einnahme von Ibuprofen Schuld daran sei, dass es in Italien zu so vielen Toten durch Covid-19 gekommen ist.
In der Nachricht wird dargelegt, dass die in Italien so schwer Betroffenen Ibuprofen eingenommen hätten und dadurch die Erkrankung so schwer verlaufen sei. An der Uniklinik Wien habe man jetzt "ein bisschen Forschung", so der O-Ton gemacht und gesehen, dass Ibuprofen die Vermehrung des Virus' beschleunige.
Die Med Uni Wien hatte sich umgehend davon distanziert, dass diese Information von ihnen stammen solle. Rektor Markus Müller, ausgebildeter klinischer Pharmakologe, hatte selbst Stellung genommen: "Da ist nichts dran. Die Sache mit Ibuprofen ist das Problem einer Subgruppenanalyse (in einer Studie; Anm.)".
Die Studie, die Rektor Müller anspricht, ist ein kurzer Artikel im Fachmagazin "The Lancet", der kürzlich erschienen ist. Dort wird diskutiert, welche Auswirkungen Medikamente wie ACE-Hemmer (Blutdrucksenker) oder eben nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR), zu denen Ibuprofen gehört, auf den Verlauf der Erkrankung Covid-19 haben können. Hierbei von einer Studie zu sprechen, ist jedoch falsch: Es handelt sich ausschließlich um eine Hypothese, die in diesem Artikel aufgestellt wird.
Hemmung der Blutgerinnung
Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) schloss am Wochenende nicht aus, dass insbesondere ASS, aber auch Ibuprofen, bei der Lungenerkrankung Covid-19 nicht hilfreich sein könnten. "Ibuprofen hemmt die Blutgerinnung, das wäre ein möglicher Hinweis", erläutert der Virologe. Damit steige das Risiko für innere Blutungen. "Bei Paracetamol ist das nicht der Fall."