Das öffentliche Leben in Deutschland erlahmt wegen des Coronavirus immer mehr. Seit heute sind Schulen und Kindergärten geschlossen, an den Grenzen zu fünf EU-Nachbarn wird verstärkt kontrolliert. Während Bayern für zunächst zwei Wochen den Katastrophenfall ausrief, tagte in Berlin das neue Corona-Krisenkabinett unter Leitung von Kanzlerin Angela Merkel, um weitere Maßnahmen zu beschließen.
Gleichzeitig versuchten nach Angaben des Auswärtigen Amtes Tausende im Urlaub gestrandete Deutsche und andere Europäer, wieder nach Hause zu gelangen. Dies wird wegen der Streichung von Flügen zunehmend schwieriger. Baden-Württemberg verkündete, dass der Personen-Flugverkehr in einigen Tagen eingestellt werden soll. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnte, dass man in der Krise Europa zusammenhalten müsse.
Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts gibt es in Deutschland mittlerweile 4.838 laborbestätigte Fälle einer Ansteckung mit dem Coronavirus. Das seien 1.043 mehr als noch am Sonntag registriert, sagt RKI-Vize-Präsident Lars Schaade in Berlin. Bisher seien zwölf Menschen in Deutschland an dem Virus gestorben. Die Zahl der neu Infizierten steige nach wie vor "relativ rasch" an, sagt Schaade.
Der Corona-Koalitionsausschuss unter Merkels Leitung soll nun mindestens zweimal die Woche zusammenkommen und die Arbeit des gemeinsamen Krisenstabs von Innen- und Gesundheitsministerium ergänzen. Innenminister Horst Seehofer hatte am Sonntagabend gesagt, dass es jetzt auch darum gehe, die Sicherheit und die Versorgung in Deutschland sicherzustellen. Merkel wollte zudem noch am Montag mit den Staats- und Regierungschefs der G7-Industriestaaten telefonieren.
Mit der Ausrufung des Katastrophenfalls werden in Bayern die möglichen Öffnungszeiten für wichtige Geschäfte wie Lebensmittelläden, Apotheken, aber auch Baumärkten verlängert. Andere Geschäfte schließen. Zugleich bedeutet dies auch die Aussetzung der Schuldenbremse in der Landesverfassung. Ein Sprecher des Finanzministeriums wollte nicht sagen, ob auch die Bundesregierung bereits Grund für die Aussetzung der Schuldenbremse auf Bundesebene sieht. Die Pressekonferenz von Bundesfinanzminister Olaf Scholz zum Haushalt 2021 und der mittelfristigen Finanzplanung bis 2024 wurde abgesagt.
An den Grenzen zu Frankreich, der Schweiz, Österreich, Luxemburg und Dänemark wird seit Montagfrüh verstärkt kontrolliert. Zwar sollen der grenzübergreifende Pendelverkehr und der Warenaustausch nicht betroffen sein, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Er kündigte aber an, dass es etwa auch für EU-Bürger Beschränkungen bei der Einreise geben könne, wenn sie keine wichtigen Gründe für die Einreise angeben könnten. Deutsche sollen aber ungehindert einreisen können. Die Regeln für Asylverfahren sollten vorerst weiter gelten. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kritisierte einseitige Grenzkontrollen in der EU, wie sie Polen und Tschechien schon zuvor ergriffen hatten. Die deutsche Regierung betonte dagegen, dass alle Schritte mit der französischen Seite auf Ebene des Präsidenten und der Innenminister zuvor besprochen worden seien.
Im Alltag gab es weitere Einschränkungen: Als Vorsichtsmaßnahme gegen die Ausbreitung des Coronavirus schließen immer mehr Sparkassen-Filialen. Die Versorgung der Bevölkerung mit Bargeld sei aber gesichert, erklärt der Deutsche Sparkassen- und Giroverband. Unternehmen wie VW drosselten ihre Produktion, auch weil die Lieferketten durch Betriebsschließungen oder Grenzkontrollen in anderen Ländern unterbrochen werden.
Die Deutsche Bahn und das Verkehrsministerium teilten mit, dass der Bahnverkehr weiter regulär stattfinde. Über Einschränkungen im Flugverkehr werde derzeit in der Bundesregierung und mit den Bundesländern beraten, sagte Sprecher von Verkehrs- und Innenministerium.