Jahrelang ging es für die Reisebusbranche in der Steiermark bergauf. Es wurde investiert, Fahrer wurden gesucht und angestellt. „Innerhalb von drei Wochen fielen wir von 100 auf fast 0“, skizziert Busunternehmer Willibald Pölzl die aktuelle Grabesstimmung in der Branche. Die Auswirkungen des Coronavirus treffe sie so massiv, dass Betriebe bereits um ihre Existenz fürchten – von heute auf morgen: So lautet die Quintessenz eines Krisengipfels am Montag in der steirischen Wirtschaftskammer. Die Situation sei ernst, sagt Kurt Matzer, Obmann der Fachgruppe Autobus-, Luftfahrt- und Schifffahrtunternehmen.
Die 739 Reisebusse der 175 Busunternehmen in der Steiermark waren für das Frühjahr ausgebucht, doch nun stehen bis zu 80 Prozent von ihnen leer auf den Parkplätzen. Italienreisen fallen so gut wie flächendeckend aus, doch damit nicht genug. Reisende stornieren Fahrten nach Deutschland, Kroatien und sogar innerhalb von Österreich. Auch Tagesausflüge und Schullandwochen würden bereits abgesagt.
Massive Umsatzeinbußen
Peter Lackner, Geschäftsführer der Fachgruppe, beziffert die Umsatzeinbußen mit 440.000 Euro täglich und mit elf Millionen Euro monatlich. Die Firmen dieser Branche hätten keine großen Rücklagen, während die Kosten aber weiter laufen; die Busse seien in der Regel geleast.
Die Konsequenz: Kündigungen seien unvermeidlich. Eine „menschliche Tragödie“, sagt Matzer mit Blick auf kleine und mittlere Familienbetriebe, die Lenker bereits seit vielen Jahren beschäftigt hätten. Wo es möglich sei, könnte man sich mit Kurzarbeit über die Krise retten. In der Steiermark werden „intensive Gespräche mit dem Arbeitsmarktservice geführt, das maximale Unterstützung im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten zugesagt hat“, berichtet Lackner. Wie viele Jobs der teilweise Stillstand der Busse kosten wird, ist noch unklar.
"Wir werden sie brauchen"
Zwischen 5 und 30 Lenker seien aktuell jeweils bei den 175 Firmen beschäftigt. „Sie zu kündigen, nachdem sie zuerst gesucht wurden, ist ein extrem schwieriger Schritt“, betont Lackner. Man wolle ihr Vertrauen nicht verlieren, denn „wir werden sie wieder brauchen“, ist Lackner überzeugt.
Wann sich die Situation bessert, weiß derzeit aber niemand zu sagen. Seit Ende Februar stehen die Buchungen still. „Das Jahr 2020 ist für die Reisebusunternehmer gelaufen“, erklärt Matzer. Dass vor allem ältere Semester mit dem Bus verreisen, diese durch den Coronavirus aber stärker gefährdet sind als jüngere Menschen, trübt den Ausblick zusätzlich.
"Bitte keine Panik"
WK-Direktor Karl-Heinz Dernoscheg verweist indes auf den Appell der Fachleute: „Es gibt keinen Grund zur Panik.“ Doch gelte es jetzt, den betroffenen Unternehmen zu helfen. So fordert die Kammer den „schnellen und unbürokratischen Zugang“ zum 10-Millionen-Euro-Hilfspaket der Bundesregierung für die Tourismusbranche. Ein zweites Paket für Unternehmen, die vom ersten nicht erfasst sind, sei bereits in Verhandlung, so Lackner. Es geht um Haftungsübernahmen und Überbrückungskredite.
Willibald Pölzl lässt derzeit vier Busse, die sonst im Ausland im Einsatz sind, in der Garage. Was ihm Sorgen macht, ist der drohende Verlust von Stammkunden. „Einige zeigen sich sehr verärgert darüber, dass wir Stornogebühren einheben müssen. Sie drohen uns sogar mit Anwälten. Aber das Geld behalten wir ja nicht, sondern leiten es weiter an die Hotels, die lange davor gebucht wurden.“