In den britischen Justizvollzugsanstalten wird es eng; zu eng. Wie die Zeitung "The Times" berichtet, hat das Justizministerium die Strafgerichtshöfe (Crown Courts) angewiesen, einige Urteile vorerst nicht zu vollstrecken. Diese Anordnung gilt für Verbrecher, die auf Kaution frei sind. Dass auch Vergewaltiger davon profitieren könnten, bezeichnet ein hochrangiger Richter als seine "größte Sorge". Außerdem sollen bereits nächste Woche einige Gefangene vorzeitig entlassen werden.
Der Richter eines Crown Courts erklärte in der "Times": "Man hat uns gesagt, dass dies eine 'kurzfristige Maßnahme' ist, aber niemand weiß, was das bedeutet."
Rückstau aus Coronazeiten
Vor allem die Coronapandemie verschlimmerte die Situation der Haftanstalten drastisch. Es entwickelte sich ein enormer Rückstau von Fällen, die nicht bearbeitet werden konnten. Mittlerweile seien es beinahe 63.000. Um diese Fälle aufzuarbeiten, wurden in den Crown Courts unbegrenzte Sitzungstage zugelassen.
Laut Sicherheitsstaatssekretär Tom Tugendhat gehe dadurch eine "Welle von Strafverfolgungen (…) und damit eine Welle von Inhaftierungen" durch das System.
Justizminister Alex Chalk KC sucht bereits nach Lösungen. Inhaftierungen im Ausland seien beispielsweise eine Möglichkeit. Mit der Regierung Estlands wurden dazu bereits Gespräche geführt. Zudem werde die größte Kampagne zum Bau von Gefängnissen seit der viktorianischen Ära durchgeführt. Plätze für 20.000 zusätzliche Häftlinge sollen so geschaffen werden.