Saudi-arabische Grenzschützer haben laut der Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" seit Anfang 2022 an der Grenze zum Jemen Hunderte Migranten aus Äthiopien getötet. Dem am Montag veröffentlichten Bericht zufolge stützen sich die Vorwürfe auf 38 Zeugeninterviews sowie Satellitenbilder und in Online-Netzwerken veröffentlichte Aufnahmen. Alleine aus den Zeugenaussagen gingen mindestens 28 "Vorfälle mit Schusswaffen" hervor – darunter auch Angriffe mit Mörsergeschossen.
Die Vorfälle ereigneten sich "Human Rights Watch" (HRW) zufolge zu einem großen Teil nach einer im April 2022 in Kraft getretenen Waffenruhe im jemenitischen Bürgerkrieg, in dem Saudi-Arabien Kriegspartei ist. Offizielle Vertreter Saudi-Arabiens ließen Anfragen der Nachrichtenagentur AFP zu den Vorwürfen bisher unbeantwortet, HRW zufolge antwortete Riad auch nicht auf entsprechende schriftliche Anfragen.
Grausame Details
Bereits im vergangenen Jahr hatten UN-Experten über "besorgniserregende Vorwürfe" berichtet, denen zufolge saudi-arabische Sicherheitskräfte an der Grenze zum Jemen in den ersten Monaten des Jahres 2022 etwa 430 Migranten getötet hätten. Dem nun veröffentlichten Bericht zufolge berichteten Überlebende unter anderem von Schusswaffenangriffen aus nächster Nähe, bei denen saudi-arabische Grenzschützer äthiopische Migranten gefragt hätten, in welches Körperteil sie "am liebsten geschossen werden möchten".
Im Jemen herrscht seit Ende 2014 ein verheerender Konflikt zwischen der Regierung, den Huthi-Rebellen und deren Verbündeten. Die Vereinten Nationen betrachten den Konflikt als eine humanitäre Katastrophe, die das Land an den Rand einer Hungersnot gebracht hat.
Image mit Fußball und Golf aufpolieren
"Human Rights"-Forscherin Nadia Hardman erklärte, saudi-arabische Sicherheitskräfte töteten "Hunderte von Migranten und Asylsuchenden in diesem abgelegenen Grenzgebiet außerhalb der Sichtweite der übrigen Welt". Auch der Versuch Saudi-Arabiens, sein Image mit dem "milliardenschweren Aufkauf von Golfevents, Fußballklubs und großen Shows" aufzuwerten, dürfe "nicht von diesen schrecklichen Verbrechen ablenken".