"Auf dem Mond ist für den Menschen eigentlich nichts zu holen", so sprach einst Wernher von Braun. Eine interessante Aussage jenes deutschen Ingenieurs und Raumfahrtpioniers, der die amerikanische Mondrakete konstruierte, die die Apollo-Astronauten bis zum Erdtrabanten brachte.
Mondsonde "Luna-25" bereits unterwegs
Von Braun, ohne dessen Saturn-V-Rakete wohl niemals US-Flaggen in den Staub des Erdtrabanten gesteckt worden wären, lag diesbezüglich relativ falsch: Nun, knapp 51 Jahre nachdem mit Eugene Cernan (Apollo 17) der letzte Mensch auf dem Mond war, steht der natürliche Erdtrabant wieder hoch im Kurs. Die Russen etwa – aktuell steht man für Krieg, weniger für Wissenschaft – schickten erst vor wenigen Tagen die Mondsonde "Luna-25" auf den Weg und wollen 47 Jahre nach dem letzten Abstecher dorthin aufzeigen.
Gernot Grömer, Astrophysiker und Direktor des Österreichischen Weltraum Forums, skizziert die Mission: "Luna-25 ist ein Projekt, das seit mehreren Jahrzehnten unter verschiedenen Namen entworfen wurde und schon vor Jahren fast startklar war – inklusive einer europäischen Beteiligung. Das, was jetzt startete, ist eine vereinfachte Version des Landers." Geplant ist ein Aufsetzen am 21. August – und zwar am Südpol des Mondes.
Indisches Raumschiff Chandrayaan-3 folgt
Kurz darauf, um den 23. August, ist die Landung des Mitte Juli gestarteten indischen Raumschiffs Chandrayaan-3 anvisiert. Mit der unbemannten Mission will Indien die kaum untersuchte Südseite des Mondes rund zwei Wochen lang erforschen. Ein erster Versuch war 2019 noch misslungen. Fehlschläge sind immer möglich: Seit Beginn der Raumfahrt gelangen erst der einstigen Sowjetunion, den USA und China sanfte Landungen im Mondstaub.
"Moon Village" bis 2040
So lebensfeindlich die Umgebung des im Durchschnitt gut 384.400 Kilometer von der Erde entfernten Himmelskörpers mit minus 160 bis plus 130 Grad Celsius auch ist: Früher oder später soll Homo sapiens auch auf dem Mond leben. Die Russen wollen dort bis zum Jahr 2040 ein Habitat betreiben. Mit dem "Moon Village" legte die europäische Raumfahrtagentur ESA 2022 das Konzept einer aufblasbaren Mondstation vor. Die Amerikaner haben im Rahmen des "Artemis"-Programms, bei dem man mit internationalen Partnern wie der ESA, der japanischen (JAXA) und der kanadischen (CSA) Raumfahrtagentur kooperiert, ebenfalls eine Art Raumstation auf dem Mond anvisiert: "Artemis 3" soll erstmals 2026 Astronauten auf Mondboden bringen. Nach weiteren Expeditionen zur Oberfläche könnte dort bis 2028 eine dauerhafte US-Präsenz entstehen.
"Die USA, Indien und China, gefolgt von Europa, haben definitiv auch langfristige Interessen, etwa das dortige Wassereis für Stationen und Treibstofferzeugung zu nutzen. "Der Südpol ist ein besonderer Ort im Sonnensystem, der aufgrund seiner speziellen Lage permanente Solarenergie liefert", beschreibt Grömer die Attraktivität der Region.
Eisen, Titan, Gold, Platin und Iridium am Mond?
Was aber zieht die Raumfahrtnationen zum Erdtrabanten? Auf dem Mond werden Eisen, Titan, Gold, Platin und Iridium vermutet. Dazu hätte man mit Helium-3 eine potenziell schier unerschöpfliche Energiequelle. Auch wenn ein kommerzieller Abbau derzeit noch relativ utopisch und vor allem unrentabel wäre, hält der bleiche Erdbegleiter einiges an Schätzen parat. Die geopolitische Komponente ist bei den Bestrebungen verschiedener Staaten, sich auf dem Mond zu etablieren, keinesfalls zu unterschätzen: "Hier gilt es – vergleichbar mit der Antarktis –, durch Präsenz auch hegemoniale Ansprüche anzudeuten", erklärt Grömer. Dafür spricht auch, dass in den vergangenen Jahrzehnten mehr oder weniger alle großen Raumfahrtnationen Mondmissionen in ihrem Programm verankerten.
In den 1960er-Jahren ging es den USA darum, als Erste Astronauten auf den Mond zu bringen. Im 21. Jahrhundert sei die Frage hingegen, wer dort das Zeug zum Hauptmieter habe, sagt Grömer: "Wir werden in der kommenden Dekade Dutzende Mondmissionen sehen. Man spricht bereits vom Wirtschaftsraum Mond – ähnlich wie im erdnahen Orbit, wo Privatfirmen die großen Behörden faktisch ablösten und viel Geld verdient wird. Technologisch ist der Mond jetzt wieder in Griffweite und es beginnen sich Geschäftsfelder aufzutun – auch mit einem Blick auf den nächsten ganz großen Schritt: den Mars."