San Francisco wird zu einem einzigartigen Testfeld für Robotaxi-Dienste. Die Firmen Waymo und Cruise haben die grundsätzliche Erlaubnis erhalten, zahlende Fahrgäste im gesamten Stadtgebiet rund um die Uhr auch ohne einen Sicherheitsfahrer zu befördern. Die kalifornische Regulierungsbehörde CPUC setzte sich mit ihrer Entscheidung in der Nacht zum Freitag über den Widerstand der städtischen Verkehrsbetriebe und einiger Einwohner hinweg.
10.000 Menschen bieten Fahrdienste an
Mit der erweiterten Erlaubnis kann nun nach Milliardeninvestitionen zum ersten Mal im großen Stil ausprobiert werden, wie gut ein Geschäftsmodell mit selbstfahrenden Autos funktioniert. Die Fahrzeuge sind teuer. Sie müssen daher möglichst permanent ausgelastet sein und Geld verdienen. San Francisco habe bestimmt mehr als 10.000 Menschen, die Fahrdienste anbieten, räumte jüngst Cruise-Chef Kyle Vogt ein. "Diese Fahrer arbeiten aber natürlich nicht 20 Stunden täglich, wie es ein Robotaxi kann", gab er zu bedenken. Vogt sieht Raum für mehrere Tausend autonome Taxis in großen Städten.
Kritiker führen an, die fahrerlosen Autos blockierten manchmal nach Softwarefehlern die Straßen – und behinderten so den Verkehr und die Arbeiten von Rettungsdiensten. Im Internet machen Augenzeugenvideos die Runde, in denen Autos von Cruise Kreuzungen verstopfen. Befürworter sehen einen Vorteil in der höheren Sicherheit, da sich Computer am Steuer im Gegensatz zu Menschen nicht ablenken lassen.
Waymo ist eine Schwesterfirma von Google, Cruise gehört dem Autoriesen General Motors (GM). Beide Unternehmen testen schon seit Jahren selbstfahrende Autos in San Francisco. Aktuell sind ihre Fahrzeuge zum Teil bereits ohne einen Menschen am Steuer unterwegs. Nur Cruise durfte in diesem Fall aber Geld von Fahrgästen nehmen – und das lediglich nachts. Waymo-Autos mussten bei kommerziellen Fahrten bisher einen Sicherheitsfahrer an Bord haben.
Waymo kündigte nach der Entscheidung an, der kommerzielle Betrieb mit fahrerlosen Robotaxis solle in den kommenden Wochen beginnen. Zudem sollen mehr Menschen den Dienst nutzen können. Auf der Warteliste hätten sich aber bereits mehr als 100.000 Interessenten angemeldet, deshalb werde sie schrittweise abgearbeitet. Cruise-Chef Vogt sprach von einem "Meilenstein" für selbstfahrende Autos.
Autonomes Fahren: Der Hype ist vorbei
Cruise sieht San Francisco als perfektes Testfeld zum Training von Roboterauto-Software. "Wenn wir selbstfahrende Autos in einer Stadt wie San Francisco mit ihrem Nebel, Hügeln und Verkehr fahren lassen können –, werden sie so gut wie überall funktionieren", betonte Vogt vor Kurzem. Cruise expandiert gerade auch in andere US-Städte. Waymo stellte die Entwicklung selbstfahrender Lastwagen zurück, um sich auf Robotaxis zu konzentrieren.
Die Entscheidung der CPUC öffnet die Tür zur kommerziellen Nutzung neuartiger Robotaxis ohne Lenkrad und Pedale. Jetzt verwenden Cruise und Waymo zu selbstfahrenden Autos umgebaute Elektrofahrzeuge, sie bereiten aber Autos mit Platz nur für Fahrgäste vor. Auch die inzwischen zu Amazon gehörende Firma Zoox will solche Fahrzeuge auf die Straße bringen.
Die für Versorgungsdienste zuständige CPUC billigte die Ausweitung der Dienste nach einer mehrstündigen Anhörung mit einer Mehrheit von drei der vier anwesenden Kommissionsmitglieder. Zugleich wird für Herbst eine weitere Anhörung mit einer ersten Zwischenbilanz erwogen.
Die Euphorie rund um das autonome Fahren flaute in den vergangenen Jahren merklich ab. Es stellte sich heraus, dass die Technologie mehr Zeit und Geld braucht als von vielen auch innerhalb der Branche ursprünglich angenommen. Einige gaben zwischendurch auf. So verkaufte der Fahrdienstvermittler Uber seine Roboterautosparte. Apple lässt dagegen weiter seine Testwagen Runden im Silicon Valley drehen. In Deutschland will die zum Chipriesen Intel gehörende Firma Mobileye einen Robotaxi-Service aufbauen.