Ballermann-Rangeleien, Sauftourismus und Geheimtipps, die längst keine mehr sind. Schon lange gehen den Einheimischen der Ferieninsel die Touristenmassen auf die Nerven. Derzeit werden im Parlament auch heftige politische Debatten geführt, um gegen überfüllte Strände und schlechtes Benehmen der Touristen vorzugehen. Eine Schildkröte nahm nun das Problem selbst in die Hand. Insgesamt 106 Eier legte sie auf den Can-Pere-Antoni-Strand – eine strategisch gute Platzierung. Denn bei dem Strand handelt es sich um die Verlängerung der Playa de Palma, einem der beliebtesten Strände der Hauptstadt Palma. Das Gelege der bedrohten Tierart könnte nun zu urlauberfreien Schutzzonen führen.
Nachdem ein Strandbesucher den Nestfund gemeldet hatte, wurde der betroffene Bereich sofort abgesperrt und bewacht. Auch nachts wird patrouilliert, um neugierige Touristen davon abzuhalten, dem Gelege zu Nahe zu kommen. Die Schildkrötenbabys werden vermutlich gegen Ende Juli oder Anfang August schlüpfen. Mittlerweile wurde ein weiteres Gelege auf dem bekannten Cala Millor Strand in der Nähe gefunden. Ob es sich um dasselbe Muttertier handelt, ist allerdings unklar.
Besiedelung von neuen Stränden ungewöhnlich
Meeresschildkröten sind eher im östlichen Mittelmeerraum verbreitet. Für den österreichischen Meeresbiologen Gerhard Hendl ist aber die Eiablage auf Mallorca nicht überraschend. "Ungewöhnlich ist, dass sie neue Strände besiedeln", erklärt er. Weibliche Nachkommen kehren für die Eiablage normalerweise auf den Strand zurück, wo sie geboren wurden. Weiters bevorzugen Meeresschildkröten ruhige Strände abseits der Touristenmassen. Warum sich die Schildkröte ausgerechnet einen der beliebtesten Strände aussuchte, lässt sich laut Hendl nicht recht erklären. Er vermutet, dass die Schildkröte in der Nacht an Land kam und dadurch einen leeren Strand vorfand.
Folgen für den Tourismus
Der Fund des Geleges wird auch langfristige Folgen für den Sommertourismus auf der Insel haben. Wichtig sei es, besonders in der Nistzeit zwischen Juni und August Schutzzonen auf bestimmten Strandabschnitten einzurichten "Wenn man weiß, dass in dem Gebiet ein Gelege ist, dann sollte man das auch in den kommenden Jahren immer wieder sperren", so der Meeresbiologe. Damit wird es den Schildkröten erleichtert, einen Platz für ihre Eier zu finden. Im Zweifelsfall müssen die Touristen weichen.
Bedrohte Tierart
Die Population der Meeresschildkröten erlitt in den letzten Jahrzehnten einen starken Rückgang. Gründe gibt es viele, darunter Umweltverschmutzungen und Fischernetze, in denen sich die Schildkröten verfangen. Für ihre Eiablage bevorzugen sie ruhige Sandstrände ohne Touristenmassen. Diese werden allerdings immer seltener. Meeresschildkröten werden daher vom Washingtoner Artenschutzprogramm (CITES) international geschützt
Katharina Feigl