Aufnahmen des schwedischen Rundfunksenders SVT zeigten, wie ein Mann am Mittwochnachmittag hinter Absperrband der Polizei ein Exemplar der heiligen Schrift des Islams ansteckte. Die Auswirkungen der Aktion auf den angestrebten NATO-Beitritt Schwedens sind ungewiss.
Laut den Fernsehbildern nahm neben dem Koranverbrenner nur ein weiterer Mann an der Aktion teil. Dutzende Menschen versammelten sich hinter den Absperrgittern, einige riefen wütende Worte. Insgesamt blieb es nach Senderangaben aber ruhig. Eine Person, die einen Stein in der Hand hielt, wurde demnach vom Ort weggeführt.
Erstmals seit Monaten ist bei einer öffentlichen Demonstration in Stockholm wieder ein Koran angezündet worden. Aufnahmen des schwedischen Senders SVT zeigten, wie ein Mann am Mittwoch hinter einem Absperrband der Polizei ein Exemplar der heiligen Schrift des Islams anzündete. Der türkische Außenminister Hakan Fidan verurteilte die Tat scharf. Er verfluche diese "verachtenswerte Handlung", die gegen den Heiligen Koran, am ersten Tag des Eid-al-Adha-Festes begangen wurde.
Fidan schrieb am Mittwoch im Onlinedienst Twitter, es sei "inakzeptabel", derartige gegen den Islam gerichteten Aktionen "unter dem Vorwand der Meinungsfreiheit zuzulassen". Die Aktion dürfte auf den angestrebten NATO-Beitritt Schwedens Auswirkungen haben. In einem Telefongespräch mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz machte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Mittwoch abermals klar, dass Stockholm nicht auf ein baldiges Ja seines Landes zum schwedischen NATO-Beitritt hoffen könne.
Polizei ermittelt wegen Volksverhetzung
Die Stockholmer Polizei erstattete im Anschluss Anzeige gegen den Veranstalter und ermittelt nun gegen ihn wegen Volksverhetzung sowie Verstoßes gegen ein geltendes Anzündeverbot. Sie hatte den Protest vor der Stockholmer Moschee im Viertel Södermalm zuvor bewilligt, nachdem andere Aktionen dieser Art im Februar untersagt worden waren. Schwedische Gerichte hatten danach geurteilt, dass die Polizei nicht das Recht habe, die Erlaubnis zu Koranverbrennungen zu verweigern.
Islamfeindliche Aktionen in Stockholm - darunter das Verbrennen des Korans und das Aufhängen einer Puppe, die den türkischen Präsidenten Erdogan darstellte - hatten Anfang des Jahres für erheblichen Ärger zwischen Schweden und der Türkei gesorgt. Für Schweden kamen diese Querelen zur Unzeit, da das skandinavische Land seit vergangenem Jahr darauf hinarbeitet, dass die Türkei ihre Blockadehaltung hinsichtlich des schwedischen NATO-Antrags aufgibt.
Schweden und Finnland hatten im Mai 2022 vor dem Eindruck des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gemeinsam die Mitgliedschaft in der NATO beantragt. Finnland ist bereits Anfang April als 31. Mitglied in das westliche Verteidigungsbündnis aufgenommen worden. Schweden fehlt dagegen nach wie vor die Zustimmung der Türkei und Ungarns. Die türkische Führung blockiert den schwedischen Beitritt vor allem unter Verweis darauf, dass Schweden unzureichend gegen "Terrororganisationen" vorgehe. Dabei geht es ihr vor allem um die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK. Schweden möchte den Beitritt zu dem Militärbündnis beim NATO-Treffen in Vilnius in zwei Wochen über die Bühne bringen.
Wohl auch Ungarn gegen NATO-Beitritt von Schweden
Erdogan habe Schweden Schritte in die richtige Richtung attestiert, hieß es nach dem Telefonat mit Scholz in einer Mitteilung des türkischen Kommunikationsamtes zwar. Es gebe aber weiterhin "inakzeptable" Umstände wie die Genehmigung von Demonstrationen, auf denen "Terrorpropaganda" verbreitet werde, sagte Erdogan demnach. Schwedens Regierungschef Ulf Kristersson wollte zu der NATO-Frage nicht spekulieren, wie er auf einer Pressekonferenz sagte. Zu der Aktion sagte er, dies sei zwar erlaubt, aber nicht angemessen.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg gab sich indes zuversichtlich. Stoltenberg betonte am Mittwoch auf einer Pressekonferenz mit der estnischen Ministerpräsidentin Kaja Kallas, dass man daran arbeite, Schwedens Beitritt abzuschließen. Er habe daher ein Treffen zwischen hochrangigen Vertretern der Türkei, Schwedens und Finnlands für den Donnerstag in einer Woche einberufen. Teilnehmen sollen daran die Außenminister der Länder sowie Geheimdienstchefs und nationale Sicherheitsberater.
Auch Ungarn dürfte den Beitritt Schwedens zu der Militärallianz wohl nicht mehr vor dem Herbst billigen, berichtete das Nachrichtenportal "hvg.hu" am Mittwoch unter Berufung auf Parlamentskreise. Die Ratifizierung des NATO-Beitritts Schwedens stehe nicht auf dem Entwurf der Tagesordnung für die nächste Parlamentssitzung. Die drei Sitzungstage nächste Woche sind die letzten vor der Sommerpause. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban scheint sich bei der NATO-Norderweiterung mit Erdogan abzustimmen, zu dem er ein freundschaftliches Verhältnis unterhält. Dem NATO-Beitritt Finnlands hatte das ungarische Parlament bereits im März zugestimmt.