"Milagro" - Wunder, mit diesem Wort melden die Soldaten per Funk den erlösenden Erfolg. Nach wochenlanger intensiver Suche sind die vier im kolumbianischen Regenwald vermissten Kinder lebend gefunden worden. Ein doppeltes Wunder, denn die Geschwister im Alter von 13, neun, vier Jahren sowie einem Jahr überlebten nicht nur einen Flugzeugabsturz, sondern auch 40 Tage im dichten Dschungel. Überwältigt und voller Freude reagierten Angehörige auf die Rettung der vier Kinder.

Das Überleben der vier indigenen Kinder führte ihre Großmutter vor allem auf die kämpferische Natur des ältesten Mädchens Lesly zurück. Sie nannte ihre Enkelin eine "Kriegerin", die das Überleben der Kinder im Dschungel gesichert habe. "Sie hat sich schon immer regelmäßig um ihre Brüder und Schwestern gekümmert, wenn ihre Mutter gearbeitet hat", sagte sie. "Wir haben uns nie entmutigen lassen", versicherte die Großmutter. Sie hoffe nun, das Sorgerecht für die Kinder zu erhalten und sie aufzuziehen. "Es wird mein Stolz sein. Meine Tochter (die bei dem Unfall getötet wurde) beobachtet mich, sie wird mich geistig ermutigen und mir Kraft geben."

Der kolumbianische Präsident Gustavo Petro informierte sich am Samstag im Militärhospital in Bogotá über den Gesundheitszustand der Geschwister. "Die Kinder erholen sich. Sie nehmen Flüssigkeit zu sich. Aber sie können noch keine Nahrung aufnehmen", sagte Verteidigungsminister Iván Velásquez nach dem Besuch.

Der Militärarzt Carlos Rincón Arango sagte, die Kinder hätten eine Reihe leichter Verletzungen und seien mangelernährt. Sie befänden sich angesichts der Umstände aber in einem akzeptablen Zustand. Es würden nun eine Reihe pädiatrischer Untersuchungen durchgeführt. Zudem gelte es, die Kinder wieder zu Kräften kommen zu lassen. Er rechne mit einem Krankenhausaufenthalt von zwei bis drei Wochen.

Die Kinder waren am Freitag im Regenwald im Süden des Landes gefunden worden. Sie waren am 1. Mai mit einer Propellermaschine vom Typ Cessna 206 im Department Caquetá abgestürzt. Bei dem Unglück kamen die Mutter der Kinder, der Pilot und ein indigener Anführer ums Leben. Über einen Monat lang hatten Soldaten und Indigene in dem unwegsamen Gebiet nach den Geschwistern gesucht. Sowohl das ein Jahr alte Mädchen als auch der fünf Jahre alte Bub hatten während dieser Zeit Geburtstag.

Entdeckt wurden die Kinder rund fünf Kilometer Luftlinie von der Absturzstelle entfernt. Über diese Entfernung berichtete die Zeitung "El Tiempo" am Samstag unter Berufung auf die Streitkräfte des südamerikanischen Landes. Anhand der gefundenen Gegenstände und Spuren konnten die Soldaten den Weg der Kinder rekonstruieren. Demnach entfernten sie sich zunächst von der Absturzstelle vier Kilometer Richtung Westen. Dann stießen sie offenbar auf ein Hindernis und wendeten sich gen Norden.

Die Kinder in Kolumbien waren Medienberichten zufolge mit ihrer Mutter auf dem Weg zu ihrem Vater, der nach ständigen Drohungen durch eine Splittergruppe der Guerillaorganisation Farc aus der Region geflohen war. Zwar hat sich die Sicherheitslage nach dem Friedensabkommen 2016 zwischen der Regierung und der Farc verbessert, allerdings werden noch immer Teile des südamerikanischen Landes von illegalen Gruppen kontrolliert. Vor allem Indigene, soziale Aktivisten und Umweltschützer geraten immer wieder in das Visier der kriminellen Banden.

Einen Vermissten gab es jedoch nach der Rettung der Kinder: Der belgische Schäferhund Wilson, der Medienberichten zufolge Fährten aufgespürt und maßgeblich zum Erfolg der Suche beigetragen hatte, war nicht zu den Einsatzkräften zurückkehrt. Die Suche nach Wilson werde fortgesetzt, kündigten die Streitkräfte an.