Bei Schüssen in einer zentral gelegenen Belgrader Volksschule sind Mittwochfrüh neun Menschen ums Leben gekommen. Laut Innenministerium starben acht Schüler und ein Wachmann, nachdem ein Teenager in einem Klassenraum das Feuer eröffnete. Eine Lehrerin und sechs weitere Schüler wurden verletzt, teilte das serbische Innenministerium mit. Sie schwebten zum Teil in Lebensgefahr. Der bewaffnete Bursche, der im Vorfeld eine Todesliste erstellte, wurde am Schulhof festgenommen.
Milan Nedeljkovic, Bürgermeister des zentralen Bezirks Vracar, in dem sich die Schule Wladislaw Ribnikar befindet, sagte, die Ärzte kämpften darum, das Leben der Lehrerin zu retten. In die Universitätsklinik wurden die Frau sowie drei Schüler eingeliefert, weitere drei Schüler kamen in eine Kinderklinik. Nach Worten von Milika Asanin, dem Chef der Universitätsklinik, seien alle Verwundeten unterdessen operiert und am Leben. Die 53-jährige Lehrerin, die Geschichte unterrichtet hatte, ist nach Angaben von Asanin mit einer Bauchwunde und Wunden an beiden Händen davon gekommen. Gesundheitsministerin Danica Grujicic hat bei einer Pressekonferenz den Gesundheitszustand der 53-Jährigen als lebensgefährlich bezeichnet. In der Kinderklinik kämpften Ärzte unterdessen auch um das Leben einer Schülerin, die mit einer schweren Kopfwunde eingeliefert wurde. Ihr Zustand war ebenfalls lebensgefährlich.
Neue Erkenntnisse bei Pressekonferenz
Innenminister Bratislav Gašić teilte in einer Presskonferenz mit, dass auch der Vater des 13-jährigen Schützen verhaftet wurde: "Bei der Einvernahme erklärte der Vater, er habe mehrere Waffen aus dem Jahr 2016 und 2017. Diese wären alle in einem Safe mit Sicherheitscode verschlossen gewesen. Der Bursche muss die Zahlenkombination herausgefunden haben, um an die zwei Waffen und 15 Patronen zu kommen". Laut, noch unbestätigten Informationen soll der 14-Jährige das Schießen bei Jagdausflügen mit dem Vater gelernt haben, fügte Gašić hinzu.
Tat monatelang geplant
Die ersten Polizeierkenntnisse würden laut Veselin Milic, dem Polizeichef in der Hauptstadt, zeigen, dass der Angreifer seine Tat monatelang vorbereitet habe. Die Polizei habe bei ihm ein Verzeichnis "von Schülern für eine Liquidation" sichergestellt. Man habe auf seinem Schreibtisch Skizzen und Pläne gefunden, die "wie aus einem Horrorfilm oder Videospiel" ausgesehen hätten.
Er soll geplant haben, nicht nur in seiner Schulklasse das Feuer zu eröffnen, sondern auch in einigen weiteren um sich zu schießen. Wie Bildungsminister Branko Ruzic bestätigte, habe es vor einiger Zeit eine Anzeige für Mobbing gegeben, dessen Opfer der Angreifer gewesen sein sollte, allerdings sei dies nicht mit der Volksschule, sondern mit einer privaten Schauspielschule verknüpft gewesen. In Serbien dauert die Volksschule acht Jahre. Eingeschult wird man im Alter von sieben Jahren.
Die Attacke startete der Bursche gegen 8.40 Uhr. Polizei und Rettungskräfte rückten mit großem Aufgebot zu der Schule im Zentrum von Belgrad aus. Die Polizei sperrte das umliegende Areal großräumig ab, wie Medien berichteten. Nach den Schüssen lief der Schüler auf den Schulhof und rief die Polizei. Auch Bildungsminister Branko Ruzic und Gesundheitsministerin Danica Grujicic begaben sich an den Schauplatz der Tragödie.
Video von der Verhaftung:
In Serbien wurde eine dreitägige Trauerzeit von Freitag bis Sonntag ausgerufen. Am Donnerstag wird vor Beginn des Unterrichts Schweigeminute abgehalten.
"Wahllos geschossen"
Milan Milosevic, der Vater eines Schülers der Volksschule, sagte, seine Tochter sei in der Klasse gewesen, in der die Waffe abgefeuert wurde. "Sie hat es geschafft zu fliehen. (Der Bursche) ... hat zuerst auf den Lehrer geschossen und dann hat er wahllos angefangen zu schießen", sagte Milosevic dem TV-Sender N1. Beamte mit Helmen und kugelsicheren Westen sperrten das Gelände um die Schule ab.
"Ich sah Kinder schreiend aus der Schule rennen. Eltern kamen, sie waren in Panik. Später hörte ich drei Schüsse", sagte ein Mädchen, das ein Gymnasium neben der Volksschule besucht, gegenüber dem staatlichen Fernsehen RTS.
Sinisa Ducic, Direktor einer Kinderklinik in Belgrad, die drei der Opfer behandelt, teilte mit: "Die Operation am verletzten Mädchen ist nach Stunden abgeschlossen. Das Mädchen hat schwere Gehirnverletzungen davongetragen und befindet sich weiterhin in Lebensgefahr. Sie wurde auf die Intensivstation verlegt". Die beiden Buben seien mittlerweile stabil, so Ducic.
Die Motive für die Tat waren zunächst nicht bekannt. Der 13-jährige Bursche, der mit einer Pistole seines Vaters geschossen haben soll und auch Brandsätze bei sich hatte, wurde von Kolleginnen und Kollegen eigentlich als Musterschüler bezeichnet. Er besuchte die siebente Klasse. In Medienberichten hieß es, dass eine schlechte Note im Fach Geschichte für den Angriff auslösend sein durfte. Deshalb geht man davon aus, dass das Ziel des Angriffs diese Geschichtslehrerin sein könnte.
Viele Waffen im Umlauf
Laut "Small Arms Survey 2018" hat Serbien nach den USA und Jemen die meisten Handfeuerwaffen der Welt.