Ein süßlicher Geruch liegt in der Luft, in rot beleuchteten Schaufenstern werben Prostituierte um Kunden. Lange konnten Touristen in Amsterdam einen Kurzurlaub ohne Hemmungen verbringen, mit legalen Drogen, Alkohol und Sex. Aber jetzt reicht es der Stadt: Eine neue Kampagne spricht Klartext: "Stay Away" ("Bleibt weg"). Junge Briten sollen ihre Sauf- und Drogentouren künftig woanders machen. Wenn sie jetzt zum Beispiel "Junggesellenabschied in Amsterdam" googeln, bekommen sie Einblendungen, die sie von einem Besuch abschrecken sollen. Der Vizebürgermeister, der für wirtschaftliche Angelegenheiten und die Innenstadt zuständig ist, kommentierte das so: "Besucher sind immer noch willkommen, aber nicht, wenn sie sich schlecht benehmen und Ärger verursachen. Als Stadt sagen wir: Das wollen wir lieber nicht."
Die sogenannten Coffeeshops, die Marihuana und Haschisch verkaufen, waren lange eine Touristenattraktion. Ab Mai wird es im Amsterdamer Zentrum aber verboten sein, auf offener Straße zu kiffen. Bürgerinitiativen wie "Stop de Gekte" ("Stoppen Sie den Wahnsinn") hatten gegen die touristischen Entwicklungen angekämpft, weil sie ihre Lebensqualität zurückwollten.
Bierpaletten im Gepäck und Kärntner Polizisten
Mit ihrer Wut sind die Amsterdamer nicht allein. Lignano ist nur zwei Stunden Autofahrt von Villach entfernt und deshalb bei jungen Österreichern beliebt. Vor allem am Pfingstwochenende reisen sie mit Autos voller Bierpaletten an – und fallen oft negativ auf. 2018 wurden 24 Österreicher ausgewiesen, weil sie betrunken randaliert hatten, zwei Jahre davor mussten 17 österreichische Jugendliche wegen einer Alkoholvergiftung behandelt werden. Nach einer Massenschlägerei im Juli 2022 reichte es den Italienern: Der Präfekt von Udine, Massimo Marchesiello, verkündete, dass man die "Alk-Touristen" in Lignano nicht mehr haben wolle.
Mittlerweile wird ordnungswidriges Verhalten im Badeort verstärkt sanktioniert. Letztes Jahr ließ sich die italienische Polizei sogar von drei Kärntner Polizisten unterstützen. Zwischen 500 und 5000 Euro können Regelverstöße kosten. Im schlimmsten Fall werden die Unruhestifter ausgewiesen. "Österreicher sind immer bei uns willkommen. Wir sind ihnen dankbar, dass sie Jahr für Jahr Lignano für ihren Urlaub wählen. Pfingsten ist ein besonderes Wochenende, an dem uns viele Jugendliche aus Österreich besuchen. Wir wollen verhindern, dass es wie in der Vergangenheit zu kritischen Situationen kommt", sagte der Bürgermeister von Lignano, Luca Fanotto, letztes Jahr vor dem Pfingstwochenende.
Lebensqualität für die Einheimischen
Auch Ibiza und Mallorca hadern mit ihrem Party-Image. In Mallorcas Party-Meile Pare Bartomeu Salvà dröhnt schon am Vormittag die Schlagermusik. Seit Jahren versuchen Politiker, Hoteliers und Gastronomen etwas daran zu verändern. Ihr Ziel lautet: mehr Klasse statt Masse. Man will mehr Luxustouristen auf die Insel locken. Eigentlich hatten die Mallorquiner gehofft, dass sich durch den pandemiebedingten Party-Stopp etwas verändern würde, aber es kam anders: "Unsere Anstrengungen waren vergebens. Die unzivilisierten Touristen sind zurück und schrecken alle anderen ab", sagte der Sprecher einer Unternehmervereinigung, die die Pare Bartomeu Salvà aufwerten möchte, zu einem deutschen Medium.
Der neue Fokus auf Luxustourismus hat aber auch Schattenseiten, denn er lässt die Immobilienpreise und Mieten steigen. Viele Einheimische auf Mallorca und der Nachbarinsel Ibiza fragen sich inzwischen, wo sie wohnen sollen. In Ibiza wurde letztes Jahr eine politische Partei gegründet, die Bars und Diskos in Strandnähe verbieten will – die Parteigründer finden den Lärm unerträglich. Die Partei kämpft auch für leistbaren Wohnraum und die Lebensqualität der Einheimischen. Seit 2020 sind Happy-Hour-Deals und Gratisangebote gesetzlich verboten. All-inclusive-Resorts dürfen nur mehr sechs Getränke pro Person ausgeben. Bei Regelverstößen müssen Touristen mit Strafen bis zu 6000 Euro rechnen.
Party als weltweites Ärgernis
Nicht nur in Europa wehren sich Ortschaften und ihre Bewohner gegen Touristen, die sich im Urlaub danebenbenehmen. In Thailand sind Gäste unerwünscht, die nur kommen, um Cannabis zu konsumieren. Die Substanz wurde dort letztes Jahr für medizinische Zwecke legalisiert. Im Jänner gab das Gesundheitsministerium einen eigenen Guide heraus, um Touristen über die Grenzen des Cannabis-Konsums aufzuklären.
Auch Bali war lange Zeit ein Paradies für Touristen, die sich im Urlaub gehen lassen wollten – günstiges Essen, Unterkünfte und eine exotische Traumlandschaft luden dazu ein. Jetzt reicht es dem Insel-Gouverneur aber: Zu viele Touristen würden auf die Insel reisen und ignorieren, dass Bali eine konservative und tief religiöse Insel sei. Bald dürfen Urlauber vielleicht keine Mopeds mehr ausleihen. Auch den lockeren Kleidungsstil der Spaßtouristen will man nicht länger hinnehmen: Eine neue Kampagne informiert darüber, dass Bikinis und Co. nur mehr in bestimmten Bereichen getragen werden dürfen. Die Lokalregierung wünscht sich mehr "Qualität und einen würdevolleren Tourismus" und "mehr Respekt für die lokale Kultur".
Jana Unterrainer