Mehr als 1.200 Migranten sind in 24 Stunden von der italienischen Küstenwache aus dem Ionischen Meer vor der Küste Kalabriens gerettet worden. Die Rettungsaktionen wurden durch die schlechten Wetterbedingungen erschwert. Die Einsätze auf See wurden von dem Schiff "Dattilo" koordiniert. Drei Flüchtlingsschiffen eilte die Küstenwache zu Hilfe. Weitere Fischerboote mit Hunderten Menschen an Bord treiben noch auf See, berichtete die NGO "Alarm Phone".

Am Samstag waren zwei Schiffe mit insgesamt mehr als 1.000 Migranten an Bord in Kalabrien eingetroffen. Die Zahl der Migrantenankünfte in Süditalien ist seit Anfang des Jahres auf über 18.800 gestiegen. Im gleichen Zeitraum in den Jahren 2021 und 2022 waren es etwa 6.000 gewesen, teilte das Innenministerium in Rom mit.

Küstenwache scharf kritisiert

Die Küstenwache war zuletzt in die Kritik geraten, weil sie Ende Februar einem Boot mit mehr als 150 Migranten zunächst nicht zu Hilfe gekommen war. Das Holzboot kenterte vor der kalabrischen Küste, mindestens 76 Menschen starben. Die Behörde und die Regierung in Rom erklärten, dass sie in der Nacht des Unfalls zunächst nicht von einer Notsituation ausgegangen waren. Sechs Leichen der beim Schiffbruch verunglückten Menschen wurden seit Samstag geborgen. Die Opferzahl stieg somit nun auf 79. Es werden noch weitere Menschen vermisst - rund 80 Menschen überlebten das Unglück.

Demonstrationen

Knapp zwei Wochen nach dem verheerenden Bootsunglück demonstrierten indes Tausende Menschen gegen das Sterben im Mittelmeer. Rund 5.000 Demonstranten nahmen am Samstag an einer Prozession durch die kalabrische Stadt Steccato di Cutro teil, in der sich jenes Unglück abspielte. Die Demonstration endete am Strand der Stadt, an dem die Leichen angespült wurden, mit einer Schweigeminute. Die Demonstranten trugen ein Holzkreuz, das mit Teilen des Wrack des Schiffes gebaut wurde. Das Kreuz wurde von mehreren Teilnehmern getragen. An der Demonstration beteiligten sich auch einige Angehörige der Todesopfer.

Inzwischen warnen Italiens Geheimdienste vor einer Massenauswanderung aus Libyen. Hunderttausende Menschen seien in Libyen zur Abfahrt in Richtung Europa bereit. In Berichten an die italienische Regierung wiesen die Sicherheitsdienste darauf hin, dass in Libyen 685.000 Migranten bereit seien, an Bord von Booten die italienische Küste zu erreichen, schrieb die Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" am Sonntag. Das sei das Siebenfache der Zahl aller Ankünfte im Jahr 2022. "Die dramatische Migrationswelle dieser Tage könnte nur ein Bruchteil von dem, was in den nächsten Tagen passieren könnte", schrieb "Corriere della Sera".