Nach dem Ende der Null-Covid-Politik öffnet sich China wieder zum Ausland. Am Sonntag endet nach Angaben der Behörden die fast drei Jahre andauernde Abschottung. Doch wird es Monate dauern, bis sich der Reiseverkehr wieder normalisiert. Aus Sorge vor neuen Virus-Varianten verlangen viele Länder von Reisenden einen negativen Corona-Test vor dem Abflug. In Österreich tritt die angekündigte Corona-Testpflicht für Reisende aus China bereits am Samstag in Kraft.
Gemäß der Novelle der Einreiseverordnung müssen Reisende aus der Volksrepublik China vor dem Abflug nach Österreich einen negativen PCR-Test vorweisen, hatte das Gesundheitsministerium am Dreikönigstag mitgeteilt. Der vorzulegende negative PCR-Test dürfe nicht älter als 48 Stunden sein, hieß es. Den Fluglinien werde zudem eine FFP2-Maskenpflicht für Passagiere empfohlen. Kommende Woche kommt nur ein Flug aus China in Wien an, teilte der Flughafen Wien auf APA-Anfrage mit. Laut Austrian Airlines landet der nächste Flug aus Shanghai am Montag um 05.50 Uhr in Wien-Schwechat. Die Kontrolle der PCR-Tests erfolgt durch das Bodenpersonal am Flughafen beim Check-in in China.
Proben aus Abwassertank
Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) zeigte sich zufrieden mit der raschen Umsetzung, hat aber keine Sorge hinsichtlich einer Verschärfung der Corona-Situation in Österreich. Im Gegensatz zu China gebe es in Österreich eine breite Immunität gegen die auch in China dominierende Omikron-Variante. Wie das Ministerium weiter mitteilte, wurde am Flughafen Wien-Schwechat bereits die erste Probe aus dem Abwassertank eines Flugzeugs aus Peking entnommen. Sie werde nun mit Sequenzierungen auf neue Virusvarianten untersucht. Auch aus der Kläranlage Hallstatt würden künftig regelmäßig Proben genommen. Die Kläranlagen von Wien und Salzburg seien bereits im Monitoringprogramm des Bundes. Damit würden alle von internationalen Touristinnen und Touristen häufig besuchten Orte regelmäßig untersucht, so das Ministerium.
Rauch hatte die Testpflicht am Donnerstag für kommende Woche angekündigt. Er reihte sich damit ein in Entscheidungen mehrerer Regierungen weltweit. So haben bisher Deutschland, Schweden, Belgien, die Niederlande, Griechenland, Frankreich, Spanien, Italien, Großbritannien, die USA, Israel, Japan und Portugal Corona-Testerfordernisse angekündigt. Marokko ging sogar einen Schritt weiter und untersagte unabhängig von der Nationalität der Reisenden jegliche Einreisen aus China.
Nur wenig Flüge ins Ausland
Trotz der Öffnung wird vorerst keine große Reisewelle aus China erwartet. Die Zahl der Flüge von China ins Ausland liegt gegenwärtig nur bei rund zehn Prozent des Volumens von vor der Pandemie. Die Tickets sind sehr teuer. Auch wollen die Behörden zwar jetzt wieder Reisepässe ausstellen oder verlängern, doch vorrangig nur für Geschäfts- und Studienreisen. Umgekehrt wollen Chinas Botschaften wieder mehr Visa vergeben. Aber auch hier haben Geschäfts-, Arbeits- oder Studienaufenthalte und Familienbesuche Vorrang. Die Zahl der internationalen Flüge soll sich im ersten Halbjahr 2023 zumindest verdoppeln, wie Staatsmedien berichten.
Die AUA bietet derzeit einen wöchentlichen Flug zwischen Wien und Shanghai an. Ab 16. Jänner fliegt die Fluglinie zweimal pro Woche direkt von Wien nach Shanghai, teilte eine Austrian-Airlines-Sprecherin der APA mit. Mit der zusätzlichen Verbindung montags ab Wien bzw. mittwochs ab Shanghai bediene Austrian die "weiterhin starke Nachfrage" für Verbindungen von und nach China.
Quarantäne nach Einreise fällt
Vor allem fällt am Sonntag die strikte Quarantänepflicht bei der Einreise nach China. Zeitweise hatten Reisende nach China sogar drei Wochen in strenger Quarantäne in einem Hotelzimmer verbringen müssen. Zuletzt wurden noch fünf Tage plus drei Tage Isolation daheim verlangt. Unverändert fordert auch China einen negativen PCR-Test 48 Stunden vor Abflug. Reisende nach China müssen ihr PCR-Testergebnis in die Gesundheitserklärung des chinesischen Zollamtes eintragen. Das kann via WeChat, Website () sowie über die App des Zollamtes erfolgen, teilte die chinesische Botschaft in Wien mit. Wer positiv testet, darf nicht anreisen. Es muss aber keine eigene Einreiseerlaubnis mehr bei Botschaften beantragt, sondern nur noch eine Gesundheitserklärung vorgelegt werden.
Massive Infektionswelle in China
Die Öffnung des Landes folgt einen Monat auf die abrupte Kehrtwende in der seit Anfang 2020 verfolgten rigorosen Null-Covid-Strategie, die mit Lockdowns für zig Millionen, Massentests und Zwangsquarantäne umgesetzt worden war. Nachdem sich trotzdem neue Omikron-Varianten explosionsartig ausgebreitet, die zweitgrößte Volkswirtschaft zunehmend unter den Maßnahmen gelitten hatte und Menschen gegen die strikten Maßnahmen protestierten, gab Chinas Regierung am 7. Dezember ihre Null-Toleranz komplett auf. Begründet wurde der Kurswechsel mit leichteren Krankheitsverläufen.
Seither rollt eine massive Infektionswelle durch China, die Krankenhäuser völlig unvorbereitet traf. Nach Schätzungen des in London ansässigen Datenverarbeiters Airfinity infizieren sich in China gegenwärtig jeden Tag 2,5 Millionen Menschen neu, während täglich 16.600 sterben. Nach diesen Schätzungen soll es schon 209.000 Tote gegeben haben. Bis Ende April könnte die Zahl der Corona-Toten den Hochrechnungen zufolge auf 1,7 Millionen anwachsen.
Keine offiziellen Zahlen mehr
Während Chinas Gesundheitsbehörden keine aktuellen Zahlen mehr veröffentlicht, schätzen Experten, dass sich seit Anfang Dezember bereits einige Hunderte Millionen Chinesen infiziert haben könnten. Bei einem derart großen Ausbruch wird auch die Entstehung neuer Varianten befürchtet. Doch gibt es dafür bisher keine Hinweise. Dennoch wollen Gesundheitsbehörden in einigen EU-Staaten wie in Österreich künftig Stichproben bei Reisenden vornehmen und Abwasser von Flugzeugen aus China auf mögliche neue Varianten untersuchen.
Trotz des schweren Corona-Ausbruchs soll sich gleichwohl der inländische Reiseverkehr in der Volksrepublik zum chinesischen Neujahrsfest am 22. Jänner weitgehend erholen. Nach Schätzungen dürfte das Reisevolumen rund 70 Prozent gegenüber der Zeit vor der Pandemie erreichen, wie die Zeitung "The Paper" berichtete. Zum wichtigsten chinesischen Familienfest reisen traditionell Hunderte Millionen Menschen in ihre Heimatdörfer und besuchen Verwandte.
Experten befürchten weitere Infektionswellen, wenn das Virus von den jetzt betroffenen Metropolen in die - noch weniger vorbereiteten - inländischen Provinzen und den ländlichen Raum geschleppt wird. Auf dem Lande leben in China besonders viele alte Menschen, die zudem nicht ausreichend durch Impfungen geschützt sind. Auch ist die medizinische Versorgung außerhalb der Städte häufig unzureichend.