Die ersten Fotos vom aufgebahrten Leichnam des ehemaligen Papstes Benedikt XVI. verbreitete der Vatikan am Neujahrstag. In der noch weihnachtlich geschmückten Kapelle des kleinen Klosters "Mater Ecclesiae", wo Benedikt XVI. seine letzten Jahre verbracht hat und am Silvestermorgen starb, waren die in päpstliches Rot gewandeten sterblichen Überreste des einstigen Pontifex zu sehen.

Noch wenige Stunden zuvor hatten in Rom "Vaticanisti" kontrovers darüber diskutiert, ob der Vatikan sich nun für Lila entscheiden würde - was bei der Aufbahrung eines Bischofs üblich ist - oder eben für das päpstliche Rot. Diese Entscheidung ist nun offenbar gefallen, und so schälen sich Schritt für Schritt das Protokoll und die Liturgie für diese Trauertage heraus, für die es keine Präzedenzfälle gibt.

"Feierlich, aber einfach"

Schon wenige Stunden nach dem Tod hatte Vatikansprecher Matteo Bruni angekündigt, die Totenfeier für Benedikt XVI. werde "feierlich, aber einfach" sein. Damit werde dem Wunsch des Verstorbenen entsprochen. Zudem sei Benedikt XVI. seit fast zehn Jahren nicht mehr der amtierende Papst gewesen, auch deshalb werde es kein vollumfängliches Papstbegräbnis für ihn geben.

Die von Papst Franziskus geleitete Totenmesse werde am kommenden Donnerstag auf dem Petersplatz stattfinden, erklärte Bruni weiter. Einzelheiten für den Ablauf des Gottesdienstes und der Grablegung werde der Vatikan in Kürze veröffentlichen.

Die für Liturgie und Protokollfragen Zuständigen im Vatikan scheinen zwar eine Art Leitfaden zu haben, an dem sie sich orientieren. Dieser wird aber, wie zu hören ist, immer wieder angepasst. So war auch am Sonntag nicht zu erfahren, ob es nach der Beerdigung noch eine Reihe von Trauergottesdiensten in den römischen Papstbasiliken geben wird.

Diese Details sind geklärt

Geklärt sind indes die Details für die zwei Phasen der Aufbahrung des Leichnams. Nach einer eintägigen "privaten" Aufbahrung an seinem Sterbeort beginnt Montag früh die öffentliche Aufbahrung im Petersdom. Die Überführung dorthin wird ebenfalls "privat" sein. Am Montag, Dienstag und Mittwoch haben dann die Menschen jeweils bis 19 Uhr Gelegenheit, sich von dem toten Ex-Papst zu verabschieden. Es wird nicht erwartet, dass es ähnliche Menschenmassen geben wird wie bei der Aufbahrung von Papst Johannes Paul II. im April 2005, dennoch bereitet sich die italienische Polizei auf Zehntausende Pilger vor.

Unklar ist auch noch, wer alles zur Totenmesse auf dem Petersplatz kommen wird. Offiziell eingeladen wurden nur die Delegationen aus dem Geburtsland Deutschland und aus Italien. Der deutsche Bundespräsident Walter Steinmeier hat bereits sein Kommen angekündigt, für Italien gilt eine Teilnahme von Staatspräsident Sergio Mattarella als gesetzt. Da alle übrigen weltlichen Machthaber und Repräsentanten von sich aus entscheiden können, ob sie teilnehmen wollen, machen derzeit die Vatikanbotschafter vieler Länder Überstunden, denn über sie laufen die Anmeldungen.

Gekrönte Häupter erwartet

Zu den ersten, die ihre Teilnahme angekündigt haben, zählt der polnische Staatspräsident Andrzej Duda. Aber auch gekrönte Häupter werden erwartet, so etwa das belgische Königspaar. König Philippe und Königin Mathilde verbanden die Mitteilung über ihre offizielle Trauerbekundung gleich mit der Ankündigung, dass sie bei der Trauerfeier anwesend sein werden. Allerdings wird nicht mit einer vergleichbaren Präsenz von weltlichen Machthabern und Monarchen gerechnet wie bei der Totenfeier für Benedikts polnischen Vorgänger, als rund 200 Staats- und Regierungschefs auf dem Petersplatz anwesend waren.

Da Benedikt XVI. in seiner Zeit als Papst nicht nur den Rang eines Staatsoberhauptes hatte, sondern vor allem das Oberhaupt einer sehr großen Religionsgemeinschaft war, wird erwartet, dass neben katholischen Bischöfen und Kardinälen aus aller Welt auch zahlreiche Vertreter christlicher Kirchen sowie anderer Glaubensgemeinschaften nach Rom kommen werden. Der heutige Moskauer Patriarch Kyrill war 2005 bei der Totenfeier für Johannes Paul II. dabei, damals war er Leiter des Außenamtes des Moskauer Patriarchats.

Neben den vielen Ungewissheiten dieser Tage gibt es auch etliche Fixpunkte. Dazu zählt die Begräbnisstätte. Laut italienischen Medienberichten hat Benedikt XVI. dem damals für die Peterskirche zuständigen Kardinal Angelo Comastri schon vor Jahren mitgeteilt, dass er dort beerdigt werden will, wo einst der Leichnam von Johannes Paul II. lag, bevor dieser nach seiner Seligsprechung ins Innere der Basilika umgebettet wurde: Es ist ein schlichtes Grab in den Vatikanischen Grotten.

Beten für den Verstorbenen

Papst Franziskus hat am Sonntag bei der Neujahrsmesse im Petersdom für seinen am Samstag verstorbenen Vorgänger Benedikt XVI. gebetet. "Heute vertrauen wir der Muttergottes unseren geliebten emeritierten Papst Benedikt XVI. an, damit sie ihn auf seinem Weg von dieser Welt zu Gott begleitet", sagte Franziskus bei dem Gottesdienst anlässlich des Welttages des Friedens. Am 1. Jänner wird der Weltfriedenstag der katholischen Kirche begangen. Dieser steht 2023 unter dem Motto: "Niemand kann sich allein retten. Nach Covid-19 neu beginnen, um gemeinsam Wege des Friedens zu erkunden".

Krieg als menschliche Schande

In seiner Predigt am Sonntag ging Franziskus laut Agenturberichten anlässlich des Welttages für den Frieden besonders auf die Leidtragenden von Kriegen ein. "Bitten wir die Mutter Gottes in besonderer Weise für die Kinder, die leiden und nicht mehr die Kraft zum Beten haben, für die vielen Brüder und Schwestern, die in weiten Teilen der Welt von Krieg betroffen sind", sagte der 86 Jahre alte Argentinier. Die Menschen hätten die Festtage in Dunkelheit und Angst inmitten von Gewalt und Gleichgültigkeit verlebt.

Als guten Vorsatz für das neue Jahr empfahl Franziskus, nicht faul und gleichgültig auf die Weltgeschehnisse zu blicken, sondern Gutes zu tun und "sich die Hände schmutzig zu machen". Man könne nicht still sitzen und bequem darauf warten, dass die Dinge besser würden.

"Für Gott und für die anderen"

"Zu Beginn des Jahres, inmitten der vielen neuen Dinge, die wir erleben möchten, und der vielen Dinge, die wir tun möchten, lasst uns einige Zeit dem 'Sehen' widmen, das heißt, unsere Augen zu öffnen und sie für das offen zu halten, was zählt: für Gott und für die anderen", sagte Papst Franziskus bei der Messe zum Hochfest der Muttergottes Maria. "Wie oft haben wir in der Eile keine Zeit, auch nur eine Minute in der Gesellschaft des Herrn innezuhalten, um sein Wort zu hören, zu beten, anzubeten, zu loben ...", stellte der Papst fest und bat für Frieden in der Welt.

Der Leichnam Benedikts soll ab Montag früh im Petersdom in Rom aufgebahrt werden, damit die Gläubigen von ihm Abschied nehmen können. Der Trauergottesdienst für Benedikt findet am 5. Jänner auf dem Petersplatz statt und wird vom amtierenden Papst Franziskus geleitet - ein in der Geschichte der katholischen Kirche beispielloser Vorgang, der durch den Rücktritt Benedikts zustande kam.