Angesichts steigender Verbraucherpreise und wachsender Armut erleben die Tafeln in Großbritannien nach eigenen Angaben die größte Nachfrage ihrer Geschichte. "Das ist die geschäftigste Zeit, die unabhängige Tafeln in Großbritannien jemals erlebt haben, und vielen bereitet die wachsende Nachfrage Probleme", sagte Sabine Goodwin, die Chefin der Dachorganisation Independent Food Aid Network, der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
"Weder nachhaltig noch akzeptabel"
"Es ist deutlich wie nie, dass gemeinnützige Hilfe als Antwort auf die eskalierende Armut weder nachhaltig noch akzeptabel ist", so Goodwin. Vielmehr bräuchten die Menschen Unterstützungszahlungen sowie Löhne, mit denen sie Lebensmittel für sich und ihre Familien bezahlen könnten.
Die Inflation in Großbritannien lag zuletzt bei rund elf Prozent, auf Lebensmittel beschränkt sogar noch höher. Die britische Wirtschaft steckt in einer Rezession und hat sich im Vergleich zu anderen Ländern kaum von dem Pandemie-Tief erholt. Der Brexit hat den Handel mit dem größten Markt vor der Haustür - der Europäischen Union - drastisch einbrechen lassen.
Die konservative britische Regierung ist eigentlich zu Beginn der Legislaturperiode mit dem Versprechen des "Levelling up" angetreten - also die Lebensverhältnisse in allen Teilen des Landes nach oben anzupassen. Doch seitdem ist wenig passiert: Insbesondere im Norden Englands sind viele Regionen abgehängt, die Kinderarmut ist hoch. Wegen der Folgen des Ukraine-Kriegs hat sich die Situation zugespitzt.
Dem Trussell Trust zufolge, zu dem 1.300 Tafeln in Großbritannien gehören, sind bereits von April bis September in diesem Jahr mehr als 1,3 Millionen Notfall-Lebensmittelpakete ausgehändigt worden - ein Drittel mehr als in der gleichen Periode im Vorjahr und eineinhalbmal so viel wie vor der Pandemie. Außerdem haben sich 320.000 Menschen in dem Halbjahr erstmalig an die Tafeln gewendet. Das sind 40 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum 2021.
Die Aufbewahrung und Kühlung von gespendeten Lebensmitteln ist für manche Tafeln ein Problem, da sie ihre Kapazitäten für Spenden einschränkt. König Charles III. hat mit einer seiner Stiftungen eine größere Spende geleistet, mit der mindestens 800 Kühlschränke und Kühltruhen für Tafeln und ähnliche Einrichtungen finanziert werden sollen. Organisationen hatten zuvor berichtet, in den vergangenen Jahren hätten Lebensmittelspenden rund um Weihnachten teils abgelehnt werden müssen, weil sie nicht hätten gekühlt werden können.